Treffen in Wien: Le Pen will Europa "a la carte"
Unter großem medialen Interesse haben rechtspopulistische Parteien Europas am Freitag in Wien ihre Forderung nach Reformen und ähnlichen Volksabstimmungen wie nach dem britischen Brexit-Referendum kommende Woche bekräftigt - allen voran die Vorsitzende des französischen Front National (FN), Marine Le Pen, und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache.
"Ich möchte, dass alle Länder gefragt werden in Bezug auf ihre Beziehung zur Europäischen Union", sagte Le Pen zunächst vor rund 80 Journalisten bei einer Pressekonferenz in den FPÖ-Räumen im Parlament. Hoffnung setzte die FN-Chefin dabei auf die kommenden Donnerstag stattfindende Volksabstimmung über den EU-Austritt Großbritanniens: Ein Brexit könnte vielleicht der Beginn eines Europa "a la carte" sein.
Während sich Le Pen für Austrittsreferenden aussprach, machte sich Strache für eine Umgestaltung der EU von innen stark, um einen "Suizid" der Union zu verhindern. "Wir erleben, dass wir gegen Wände rennen", kritisierte Strache die EU-Kommission. Diese müsse die Völker einbinden.
Einpeitschen in Vösendorf
Strache und Le Pen kamen aber erst nach Rednern aus den acht anderen Ländern an die Reihe. Da war von der EU als "Diktatur" die Rede (Tomio Okamura aus Tschechien), der Pole Michal Marusik erklärte, warum seine Heimat bei Flüchtlingen nicht so beliebt sei. "Wir nehmen viel und geben wenig. Erlaubt nicht, dass die fremden Einwanderer an eurer Zitze saugen und euer Blut aussagen", sagte Marusik unter dem Applaus der Besucher.
Marine Le Pen ging dann auf die EU ein und prangerte das wirtschaftspolitische Versagen der EU an, die ein "komplettes Desaster" sei. Stattdessen solle es eine Kooperation "a la carte" in Europa geben, betonte sie nochmals. Zum Brexit-Referendum meinte sie, die EU-Spitzenpolitiker "befürchten, dass Großbritannien seine Freiheit wiederfindet". Etwa die Freiheit, darüber zu entscheiden, wer im Land leben dürfe. "Wir wollen, dass alle Völker Europas diese Freiheiten wiederfinden. Ich will, dass Frankreich frei ist."
Kritik
Die Grünen übten Kritik an dem rechten Gipfeltreffen. "Hier soll bewusst der falsche Eindruck erweckt werden, dass Le Pen ein Gast der Republik Österreich ist", kritisiert der stellvertretende Klubobmann der Grünen Albert Steinhauser. "Der dritte Nationalratspräsident Norbert Hofer missbraucht seine Funktion, wenn er die rechtsextreme französische Politikerin Marine Le Pen – die keine Staatsfunktion hat – im Ministerratszimmer des Parlaments öffentlichkeitswirksam hofiert", argumentierte Steinhauser in einer Aussendung. Tatsächlich nehme Le Pen aber an einem europaweiten Vernetzungstreffen der europäischen rechtsextremen Parteien in Österreich teil. Für Steinhauser ist das ein Vorgeschmack, "wem die FPÖ in Regierungsfunktionen den Hof machen würde und eine Warnung, wie die FPÖ Österreich international positionieren möchte."
"Mit der Antieuropäerin und Nationalistin Le Pen würde die FPÖ Österreich in die totale Isolation führen. Während Le Pen in Frankreich und europaweit geächtet wird, rollt ihr Hofer als dritter Nationalratspräsident den roten Teppich aus. Das ist blamabel für Österreich, zeigt aber den ÖsterreicherInnen zumindest deutlich, wo die FPÖ zu Hause ist", schloss Steinhauser.