Politik/Inland

Freilassing kritisiert in "Brandbrief" Österreich

Es war wieder ein turbulenter Tag:

  • Im Flüchtlings-Sammelzentrum in Spielfeld an der steirisch-slowenischen Grenze ist die Nacht ruhig verlaufen. Es befanden sich noch 3.500 Personen hier, in Bad Radkersburg fanden sich keine Flüchtlinge ein. Dem Roten Kreuz zufolge war Spielfeld in der Nacht auf Freitag "an der Belastungsgrenze mit der Platzanzahl". Rund 4.000 Personen passen in die beheizten Zelte, in der Nacht waren 4.200 Menschen zu versorgen. Auch heute werden wieder Tausende erwartet.
  • Während in Kollerschlag im Bezirk Rohrbach im Mühlviertel am Freitag ein Transitzelt für rund 1.000 Flüchtlinge errichtet wurde und bis zum Abend bezugsfertig sein sollte, gehen in Schärding die Wogen hoch. Dort befürchtet man ein "Sterben der Schärdinger Wirtschaft", sollte ebenfalls ein Großraum-Zelt aufgestellt werden.
  • Der oberösterreichische Landeshauptmannstellvertreter Manfred Haimbuchner (FPÖ) vergleicht die Polizei mit Schleppern. Außerdem will er in Österreich keine Flüchtlinge mehr ein- oder durchreisen lassen, stellte er in einem Interview mit den Oberösterreichischen Nachrichten fest.
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Haimbuchner mit harten Worten

Der oberösterreichische Landeshauptmannstellvertreter Manfred Haimbuchner vergleicht die Polizei in den Oberösterreichischen Nachrichten mit Schleppern: "Unsere Polizei verhält sich wie Schlepper. Sie transportiert mit Bussen Menschen, die nicht registriert sind, von einer Grenze zur nächsten. Exekutivbeamte sagen ja schon selber: Wir sind zu Schleppern geworden", wird Haimbuchner zitiert. Die Menschen, die in Spielfeld darauf warten, dass sie nach Österreich dürfen oder nach Deutschland durchreisen wollen, soll man "selbstverständlich nicht hereinlassen. Die Leute sind ja nicht mehr auf der Flucht, sie kommen über sichere Drittstaaten - angefangen bei der Türkei, wo sie unter Glaubensbrüdern leben könnten."

Auf die Frage, wie er verhindern wolle, dass sich die Massen an der Grenze in Bewegung setzen, antwortete er, bei einer konsequenten Einhaltung der Gesetze, und zwar in ganz Europa, würde sich diese Frage so nicht stellen. Davon abgesehen sei es Aufgabe der Behörden, so etwas zu verhindern. "Mir tun die Leute auch leid. Aber das Problem löst man nur dann, wenn man klar sagt: Ihr habt hier keine Chance, ihr könnt nicht alle nach Europa kommen. Denn dafür, dass sie diese Gefahren auf sich nehmen, ist auch die europäische Politik verantwortlich. Durch die einladenden Worte von Kanzlerin Merkel und unsere übertriebene Willkommenskultur haben sich Hunderttausende auf den Weg nach Europa gemacht", kritisierte er.

Karas: Österreichs Regierung gegen Grenzzaun

Es gebe die "abgestimmte Linie der österreichischen Regierung, dass es keinen Zaun geben wird", betonte der ÖVP-Delegationsleiter im Europaparlament Othmar Karas am Freitag. Während zuletzt Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) Pläne für einen Grenzzaun zu Slowenien verteidigte, erteilte Karas diesem Ansinnen eine deutliche Absage.

Widerstand in Schärding

Während in Kollerschlag im Bezirk Rohrbach im Mühlviertel am Freitag ein Transitzelt für rund 1.000 Flüchtlinge errichtet wurde und bis zum Abend bezugsfertig sein sollte, gehen in Schärding die Wogen hoch. Dort befürchtet man ein "Sterben der Schärdinger Wirtschaft", sollte ebenfalls ein Großraum-Zelt aufgestellt werden. Neben Kollerschlag sind noch Braunau und Schärding als Standorte für Transit-Zelte angedacht. Der oö. Landespolizeikommandant Andreas Pilsl hat die betroffenen Bürgermeister am Donnerstag telefonisch informiert. Kollerschlag und Braunau seien sehr konstruktiv gewesen, berichtete er am Freitag im Gespräch mit der APA. In Schärding würden zwar Bezirkshauptmannschaft, Polizei und Rotes Kreuz gut zusammenarbeiten, die Stadt sei ihm allerdings weniger freundlich begegnet. Bürgermeister Franz Angerer (ÖVP) protestierte aber auch schriftlich mittels einer Resolution an Pilsl, die von allen im Gemeinderat vertretenen Parteien - ÖVP, SPÖ und FPÖ - mitgetragen wird. "Unser einziges Kapital ist der Tourismus", heißt es in dem Schreiben. Gastronomie, Hotellerie und Handel würden bereits jetzt über "besorgniserregende Umsatzeinbußen" klagen. Zudem leide die Stadt noch heute an den Schäden durch das Hochwasser 2013 und komme ihrer humanitären Verpflichtung ohnehin "in überdurchschnittlichen Ausmaß" nach.

Spielfeld "an der Belastungsgrenze"

In der Sammelstelle am steirischen Grenzübergang Spielfeld hielten sich in der Früh etwa 3.500 Personen auf, in Bad Radkersburg fanden sich keine Flüchtlinge ein. Dem Roten Kreuz zufolge war Spielfeld in der Nacht auf Freitag "an der Belastungsgrenze mit der Platzanzahl". Rund 4.000 Personen passen in die beheizten Zelte, in der Nacht waren 4.200 Menschen zu versorgen. Für den Tag standen 17 Busse des Bundesheeres und 100 zivile Busse zur Verfügung. Um 5.00 Uhr bestiegen Flüchtlinge die ersten Busse, rund 1.300 Personen werden laut Polizei "mit drei Sonderzügen der ÖBB von Graz weiterfahren". Gebracht werden die Flüchtlinge nach Wels und Linz.

Nach wie vor muss im Laufe des Tages mit Neuankünften von Flüchtlingen in einem Ausmaß wie in den letzten Tagen gerechnet werden, das auch in Bad Radkersburg - die Sammelstelle ist zwar im Moment nicht belegt, aber in den nächsten Stunden müsse man mit dem Eintreffen weiterer Schutzbedürftiger rechnen.

11.000 in slowenischen Unterkünften

Fast 11.000 Flüchtlinge waren Freitag früh in den Aufnahmezentren und Unterkünften in Slowenien untergebracht, zeigt die letzte Polizeistatistik. Am Tag zuvor waren mehr als 5.000 Neuankömmlinge mit Zügen aus Kroatien angekommen, 9.400 haben am Donnerstag das Land über Österreich wieder verlassen.

Nach Angaben der slowenischen Polizei haben die österreichischen Behörden in der Nacht auf Freitag keine Flüchtlinge über die Grenze in die Steiermark gelassen, weil die Kapazitäten dort ausgelastet waren. Freitag früh werde sich der Zutritt über die Grenze fortsetzen, hieß es aus der slowenischen Polizei.

Dutzende Tote bei Unglücken in der Ägäis

Bei zwei erneuten Flüchtlingsunglücken in der Ägäis sind in der Nacht auf Freitag mindestens 22 Menschen ums Leben gekommen. Unter den Opfern der Unglücke vor den griechischen Inseln Kalymnos und Rhodos seien 13 Kinder gewesen, teilte die griechische Hafenpolizei am Freitag mit. Demnach konnten 144 Menschen aus dem Meer gerettet werden. Trotz der kühlen Temperaturen und der rauen See machen sich weiter jeden Tag hunderte Menschen auf den Weg von der Türkei auf die nahen griechischen Inseln. Das UNO-Flüchtlingshilfswerk UNHCR warnte am Donnerstag, dass sich das Schicksal der Menschen durch die schlechteren Wetterverhältnisse noch verschlimmere. Kritiker beschuldigen die EU-Grenzschutzagentur Frontex, die mit Patrouillenbooten entlang der Seegrenze unterwegs ist, Flüchtlingen in Seenot nicht zur Hilfe zu kommen.