Familienbeihilfe: "Unwahrscheinlich, dass diese Regelung hält"
Nun ist es tatsächlich fix: Ab Jänner 2019 wird die Familienbeihilfe an die Lebenskosten im jeweiligen EU-Mitgliedsstaat angepasst. Will heißen: Ein Bulgare, der in Österreich arbeitet aber Kinder in Bulgarien hat, wird künftig nur noch einen Bruchteil der Beihilfe bekommen wie bisher. Dass de facto sämtliche Europarechtsexperten und die EU-Kommission erklärten, dass dies dem Gleichheitsgrundsatz im Unionsrecht widerspreche, ignoriert die Regierung.
EU-Rechtsexperte Walter Obwexer rechnet nun damit, dass die Sache eher früher als später zur Klärung vor dem Europäischen Gerichtshof landet. „Und ich halte es nach wie vor für sehr unwahrscheinlich, dass die Regelung vor dem EuGH standhält. Dafür müsste der EuGH schon klar von der bisherigen Spruchpraxis abgehen“, sagt der renommierte Europarechtler zum KURIER.
Vor dem EuGH landen kann die Regelung aufgrund eines von der EU-Kommission eingeleiteten Vertragsverletzungsverfahrens oder einer Klage eines Betroffenen. Laut Obwexer wäre zweiteres der schnellere Weg: „In diesem Fall wäre innerhalb von eineinhalb Jahren mit einem Urteil zu rechnen“ – mit anderen Worten: Weil erst geklagt werden kann, sobald die Regelung in Kraft ist, wird diese seit mehr als zwei Jahren diskutierte Frage erst in frühestens zwei Jahren rechtlich geklärt sein.
Bringt der EUGH den rot-weiß-roten Alleingang zu Fall, müsste die Republik den geschädigten EU-Ausländern die Differenz rückwirkend auszahlen – pro Jahr rund 100 Millionen Euro. Rückstellungen für diesen Fall hat die Regierung nicht vorgesehen, heißt es aus dem Finanzressort zum KURIER.
Schließlich gehe man ja davon aus, dass die Regelung hält, heißt es weiter. Die türkis-blauen Argumente für eine Kürzung – etwa der Umstand dass auch bei den Leistungen für EU-Beamte an das jeweilige Länderniveau angepasst wird – hält Obwexer indes für „nicht stichhaltig“. Dies sei zwar ein "rechtspolitisches, aber kein rechtliches Argument". Der Grund dafür: Die EU habe in einer eigenen Verordnung festgelegt, dass es über die Grenzen hinaus gleiche Sozialleistungen geben muss. Die Leistungen für EU-Beamte, die Türkis-Blau nun ins Treffen führt, seien in einer anderen Verordnung geregelt.
Kanzleramtsminister Gernot Blümel (ÖVP) nahm gestern im ORF zur geplanten Regelung Stellung: