Fall Kloibmüller: Geheimvertrag aufgetaucht
Schwere Geschütze vor dem Innenministerium. Unter Beschuss steht Kabinettschef Michael Kloibmüller. Die Staatsanwaltschaft ermittelt. Die Vorwürfe lauten: Verdacht auf Amtsmissbrauch, Geheimnisverrat, Nötigung. Es geht dabei um zwei verschiedene Fälle, die in der Causa Kloibmüller miteinander vermischt werden. Dem KURIER liegen nun Unterlagen vor, die neue Fragen aufwerfen und den Kabinettschef möglicherweise entlasten könnten.
Der Berater-Vertrag
Am Dienstag wurde Michael Kloibmüller einvernommen. Ihm wird vorgeworfen, eine vertrauliche E-Mail an einen externen Adressaten versendet zu haben. Bei seiner Einvernahme hat Kloibmüller, wie der KURIER aus Justizkreisen erfuhr, einen interessanten Beratervertrag vorgelegt: Dieser wurde im April 2009 zwischen dem
Innenministerium und Ex-Kabinettschef Christoph Ulmer geschlossen. Laut diesem Kontrakt darf der externe Berater Ulmer vertrauliches Material aus dem Ministerium bekommen, unterliegt jedoch der Verschwiegenheitspflicht - und muss das Material vernichten.
Doch wie kam es überhaupt zu diesem Mailverkehr, der den Staatsanwalt erst auf den Plan rief? Ende September 2010 verfasst der Leiter des Bundeskriminalamtes eine E-Mail mit brisantem Inhalt: Bei Aufräumarbeiten im Büro eines Staatsanwaltes wurden umfassende Unterlagen zum Ermittlungskomplex Constantia-BUWOG entdeckt. Empfänger dieser Mail sind mehrere hochrangige Beamte des Innenministeriums. Darunter auch Kabinettschef Kloibmüller.
Der Sachverhalt ist derart delikat, dass Kloibmüller dringenden Beratungsbedarf für seine Innenministerin (damals Maria Fekter) erkennt. Er schickt die Mail also an Christoph Ulmer weiter - den externen Berater für Krisenkommunikation. Fakt ist: Die Staatsanwaltschaft hat aufgrund dieser Mail die Ermittlungen eingeleitet. Kloibmüller wollte auf KURIER-Anfrage keine Stellungnahme abgeben. Sein Anwalt erklärte: "Aus meiner Sicht ist keine Strafbarkeit gegeben. Nach herrschender Rechtslage scheidet das Delikt der Verschwiegenheitsverletzung aus."
Die Telekom-Affäre
Im zweiten Teil der Causa Kloibmüller geht es um den Verdacht der Nötigung. Der Vorwurf lautet, der Spitzenbeamte habe am 11. August 2011 in einem Gespräch mit zwei einflussreichen Telekom-Managern für den Lobbyisten Mensdorff-Pouilly interveniert und die
Telekom vor "unangenehmen Konsequenzen gewarnt", sollte die Affäre weiterhin aktiv kommuniziert werden. Dies soll, wie das Nachrichtenmagazin profil Mitte August berichtete, aus einem Aktenvermerk hervorgehen, den die Telekom danach angefertigt hat. Bei diesem internen Telekom-Meeting mit dabei: Generaldirektor Hannes Ametsreiter.
Um diesen Aktenvermerk tun sich neuerdings Widersprüche auf. Offensichtlich gibt es zwei Aktenvermerke. Diese Variante wird zumindest von der Staatsanwaltschaft nicht ausgeschlossen. Denn: Der zuständige Staatsanwalt ließ sich besagten Aktenvermerk am 1. September von zwei Juristen der Telekom übergeben. Und hält laut KURIER-Recherchen Bemerkenswertes fest: "Ich teile ihnen (also den Telekom-Juristen, Anm.) mit, dass der in profil zitierte Aktenvermerk einen anderen Inhalt hat." Daraufhin habe ein Telekom-Jurist gemeint, er werde noch einmal mit Generaldirektor Ametsreiter Rücksprache halten.
Das Nachspiel
Kloibmüller, der auch den Nötigungsvorwurf von sich weist, geht in die Gegenoffensive, sein Anwalt kündigte gegen Telekom-Boss
Ametsreiter und andere eine Anzeige wegen Verleumdung an: "Wie sich aus dem Akt der Staatsanwaltschaft ergibt, sind die publik gewordenen Ermittlungen gegen Kloibmüller wegen Amtsmissbrauchs und angeblicher Drohungen gegen Telekom-Manager aus dem Umfeld von Generaldirektor Ametsreiter veranlasst und in persönlicher Vorsprache bei der Staatsanwaltschaft lanciert worden." Es sei vonseiten der Telekom offensichtlich auf eine Kriminalisierung Kloibmüllers hingearbeitet worden.
Die Telekom wollte weder zu dem ominösen Aktenvermerk, noch zu den Klagen Stellung nehmen. Andere zeigen sich kommunikativer: Politische Gegner fordern die Suspendierung Kloibmüllers, Innenministerin Johanna Mikl-Leitner hingegen hält weiter zu ihrem Vertrauten: "Auch Kanzler Faymann und Staatssekretär Ostermayer sind noch im Amt, obwohl gegen beide ermittelt wird."
Kloibmüller: Der Strippenzieher
Karriere Michael Kloibmüller war einst Gendarm in
Oberösterreich. Daneben absolvierte er ein Jus-Studium. Als Ernst Strasser im Jahr 2000 Minister wurde, kam Kloibmüller ins Innenressort. Dort stieg er bald zum Personalchef auf und gehörte zum engsten Kreis um Strasser. Mittlerweile ist der heute 41-Jährige zum Kabinettschef avanciert.
Aufreger Zweifelhafte Berühmtheit erlangte Kloibmüller durch seine Mails an Strasser, die der Grüne Peter Pilz veröffentlicht hat. Die Mails waren ein Beleg für den von Grünen und Roten kolportierten Vorwurf, dass Posten im Innenressort fast ausschließlich an ÖVP-nahe Beamte vergeben werden. Ein Verfahren gab es nicht, weil der Staatsanwalt die Anzeige "übersehen" hat - dann war die Causa verjährt.
Privat Der Familienvater ist mit einer Beamtin aus dem Innenministerium verheiratet.
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