Politik/Inland

Ex-SPÖ-Stratege über Regierung: "Dann zerreißt es die FPÖ"

Als Kommunikationsexperte könne man der Regierung nur ein "sehr gutes Zeugnis" ausstellen, sagt Dietmar Ecker. Das überrascht, war Ecker doch nicht nur lange Sprecher von Finanzminister Ferdinand Lacina (SPÖ), sondern in den Neunzigerjahren auch einflussreicher roter Kommunikationschef und Wahlkampfmanager.

Derzeit müsse man davon ausgehen, dass Türkis-Blau zwei Legislaturperioden hält. Damit werde für ÖVP und FPÖ aber auch ein Knackpunkt kommen, sagt Ecker mit Blick auf eine versprochene Steuerreform und die unterschiedlichen Wähler der beiden Parteien. "Wenn die Regierung Unternehmer stark entlastet und beim unteren Einkommensdrittel wenig tut, kann es die FPÖ zerreißen", sagt Ecker zum KURIER. Nachsatz: Das wisse die Regierung aber und könne es durch einen internen Abtausch vermeiden.

Ecker selbst hat die Polit-Arena schon 1997 verlassen und gründete die Agentur Ecker & Partner. 2015 verkaufte er das Unternehmen mit 40 Mitarbeitern als größte eigentümergeführte PR-Agentur des Landes. Heute widmet sich der 53-Jährige neben der strategischen Beratung ausgewählter Projekte vor allem seinen Dressurpferden, Ponys und Hunden auf seinem Anwesen in Hinterbrühl.

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Dass Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und sein engster Zirkel den Ministern von Beginn an eine "Message Control" verordnet haben, kann Ecker strategisch nachvollziehen. "Das größte Gift der alten Großen Koalition war, dass irgendjemand immer einem Journalisten etwas erzählt hat, noch bevor eine Reform intern beschlossen war", sagt er.

Kurz darf glänzen

Die "Message Control", sprich wer etwas wann und wo sagen darf, sei nur ein Teil des Harmoniegeheimnisses von Türkis-Blau. "Das Mundhalten, solange es Verhandlungen gibt, ist noch wichtiger", glaubt Ecker.

Das System der "Message Control" sei auf Kurz zugeschnitten, die Auftritte des Kanzlers seien aber nur "Teil eines großen Pakets". "Wann ein Minister spricht und wann der Kanzler, ist natürlich kein Zufall. Manchmal geht auch ein Wissenschaftler, eine Studie oder ein Rechnungshofbericht zuerst hinaus und macht ein Thema auf", beobachtet Ecker. Musterbeispiel: Ausgerechnet bevor Kanzler Kurz und Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) im März unisono eine AMS-Reform einmahnten, hatte ein interner AMS-Revisionsbericht über Probleme mit ausländischen Jobsuchende seinen Weg in die Medien gefunden.

Schwarz vs. Türkis

Als zweites Risiko für die Regierung, neben programmierten Spannungen zwischen der Wirtschaftspartei ÖVP und der bei Arbeitern punktenden FPÖ, sieht Ecker den (schwarzen) Föderalismus. Bei der Sozialversicherung und dem Pflegeregress würde sich das Match Türkis gegen Schwarz schon andeuten.

"Die Wahlergebnisse der schwarzen Landeshauptleute waren eigentlich zu gut für Kurz", sagt Ecker lakonisch. Und in Anspielung auf eine mögliche künftige Obmann-Debatte: "Das ist eine Gefahr für die ÖVP, dass sie dort wieder reinschlittert, wo sie die letzten drei Jahrzehnte verbracht hat."

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Schwachstellen durchaus vorhanden

Auch in der Umsetzung zeige die Regierung sehr wohl Schwachstellen. "Bei Mehrfachförderungen und dem Abstellen struktureller Mehrgleisigkeiten ist die Regierung nicht dort, wo sie versprochen hat zu sein", erinnert Ecker etwa.

Für ein Demokratie-Problem wie einige Beobachter hält er die Kommunikationskontrolle im Bundeskanzleramt aber nicht. Bedenklicher findet er die fast lautlose Installation der Generalsekretäre in den Ministerien. "Ein Generalsekretär kann durchaus vernünftig sein, um den Minister zu entlasten. Im österreichischen Fall war es aber Ausdruck des Misstrauens gegen die Beamten und ein Eingriff in die Ministerien."

Rote Behäbigkeit

Man hätte dies stärker diskutieren müssen, sagt Ecker über die SPÖ, für deren mühsamen Weg in die Oppositionsrolle er Parteichef Christian Kern noch am wenigsten verantwortlich sieht. Die SPÖ sei schlicht "eine verwöhnte Regierungspartei mit einer verwöhnten Funktionärsschicht" gewesen. "Die moralische Überheblichkeit gegenüber der FPÖ und die verteilungspolitische Überheblichkeit gegenüber der ÖVP sind zu wenig, da muss mehr kommen."