"Ende eines aufgeblähten Politik-Systems"
Von Christian Böhmer
Sie sind Mitglied der Stadtregierung, führen aber kein Ressort; und sie beziehen mit 8583 Euro brutto zwar ein stattliches Salär, schultern dabei aber keine nennenswerte politische Verantwortung: die sogenannten nicht amtsführenden Stadträte in Wien gehören zu den irritierenden Eigenheiten des Föderalismus.
Wieso gibt es sie überhaupt? Das lässt sich mit der Bundesverfassung erklären. In ihr hat der Gesetzgeber – das Parlament – vorgesehen, dass in einem Gemeinderat vertretene Parteien gemäß ihrer Stärke Anspruch auf eine Vertretung im Gemeindevorstand haben. "Die grundsätzliche Idee, dass Parteien ab einer bestimmten Größe im Stadtrat vertreten sind, ist in kleinen Gemeinden durchaus sinnvoll", sagt Nikolaus Scherak, stellvertretender Klubchef der Neos. Das Problem ist nur: Die Gemeinde Wien ist gleichzeitig auch Bundesland. Und weil es hier eine Koalitionsregierung gibt – aktuell eine aus SPÖ und Grünen – sind die restlichen Stadträte (einer ÖVP, drei FPÖ) nicht amtsführend. Das heißt: Sie haben vereinzelte Kontroll-, aber keine Regierungsbefugnisse. Seit Jahren wird über das Ende dieser und anderer Posten diskutiert, die Stadt ist allerdings formal machtlos – die Regelung ist in der Verfassung festgeschrieben, sie könnte nur im Parlament geändert werden.
Neos-Mandatar Scherak sieht nun eine ernsthafte Chance auf Veränderung. Denn bis auf die FPÖ haben im Dezember alle im Wiener Landtag vertreten Parteien festgehalten, dass sie sich ein Ende der funktionslosen Stadträte wünschen. "Wenn die großen Parteien zu ihrem Wort stehen, kann die Verfassungsänderung schon Anfang 2016 im Parlament passieren", sagt Scherak. Im Verfassungsausschuss liegt ein entsprechender Neos-Antrag. "Dem müsste man nur zustimmen." Abgesehen vom Sparpotenzial – die Kosten belaufen sich auf drei Millionen Euro pro Legislaturperiode – sei man dies den Wählern grundsätzlich schuldig: "Wir müssen uns von einem aufgeblähten politischen System verabschieden. Und zwar auf allen politischen Ebenen."