"Don't Smoke": Startschuss für Volksbegehren
(*Update: SPÖ-Chef Kern und Ex-Gesundheitsministerin Rendi-Wagner haben unterzeichnet*)
Die meisten Länder Westeuropas sind rauchfrei geworden, nur Österreich widersetzt sich dem Trend, schreibt BBC News. Der britische Rundfunk widmet den Plänen der türkis-blauen Regierung, das Rauchverbot zu kippen, am Donnerstag eine längere Reportage. Berichtet wird über Lokale in Wien, wo noch auf jedem Tisch ein Aschenbecher steht, und über jene, die Raucher längst vor die Tür schicken.
Ab Mai sollte jedes Lokal in Österreich rauchfrei sein, ÖVP und FPÖ wollen diese Regelung, die bereits 2015 beschlossen wurde, aber noch vor Inkrafttreten aushebeln und Wahlfreiheit für die Gastronomen schaffen. Österreich werde so zum "Aschenbecher Europas", wird der Wiener Mediziner und Vorsitzender der Ärzteinitiative Manfred Neuberger im BBC-Bericht zitiert.
Österreich als "Aschenbecher Europas"
Um das zu verhindern, strengen die Wiener Ärztekammer und die Krebshilfe ein Volksbegehren an. Heute startet die so genannte Unterstützungsphase. Jeder Wahlberechtigte kann nicht nur am Gemeinde- bzw. Bezirksamt, sondern auch online via Handysignatur bzw. Bürgerkarte mitmachen. 8401 Unterschriften werden benötigt, damit dann ein Volksbegehren eingeleitet werden kann. Die Unterschriften zählen dann schon zu den nötigen 100.000, damit das Volksbegehren im Parlament behandelt wird.
Die Initiatoren von"Don't Smoke"rechnen mit viel Unterstützung, immerhin hat bereits die Online-Petition, die von Dezember bis Anfang Februar lief, exakt 468.222 Unterstützer gefunden.
Sevelda: "Gesundheit ist nicht verhandelbar"
„Unsere Aufgabe als Ärzte ist es nicht nur, Kranke gesund zu machen, sondern auch dafür zu sorgen, dass Menschen nicht krank werden. Wir müssen endlich ein starkes Bekenntnis zum Nichtrauchen und zum Nichtraucherschutz abgeben“, sagt der Präsident der Wiener und der Österreichischen Ärztekammer, Thomas Szekeres. „Wir wissen, dass so ein Rauchverbot (in der Gastronomie; Anm.) unmittelbar positive Auswirkungen auf die Gesundheit der Menschen hat.“
Die Pläne der neuen österreichischen Regierung hätte der Präsident der Österreichischen Krebshilfe, der Wiener Gynäkologe Paul Sevelda, „nicht für möglich gehalten.“ Österreich hätte sich schon 2005 mit der Unterzeichnung und Ratifizierung der UN-Tabak-Rahmenkonvention zu strengen Maßnahmen gegen das Rauchen verpflichtet.
„Dass das Rauchen schädlich ist, ist selbst den Rauchern klar. (...) Es versteht in Wahrheit niemand, warum die Gesetzeslage (mit dem Gastro-Rauchverbot ab Mai 2018; Anm.) verändert werden soll." Die Gesundheit der österreichischen Bevölkerung sei nicht verhandelbar, sagt Sevelda. "Das ist die erste österreichische Bundesregierung, der die Gesundheit der Bevölkerung nicht wichtig ist.“ Bundeskanzler Sebastian Kurz ( ÖVP) hätte ehemals für die Initiative „Don't Smoke“ unterschrieben. „Letztendlich ist er umgefallen. Er wird schon seine Gründe kennen“, sagt Sevelda.
Opposition brachte Petition im Nationalrat ein
Die bei der Online-Petition gesammelten Unterschriften wurden außerdem von Klubobmann Peter Kolba, dem NEOS-Klubobmann Matthias Strolz und der Gesundheitssprecherin der SPÖ, Pamela Rendi-Wagner, als Petition an den Nationalrat eingebracht. „Ich habe das Volksbegehren gleich heute früh unterzeichnet“, berichtet Kolba. „Wenn es in Irland oder Italien möglich ist, dass Raucher vor dem Lokal rauchen und die Lokale dennoch voll sind, dann wird das wohl auch in Österreich klappen.“
Es sei nachvollziehbar, dass sich Gastwirte ärgerten, zunächst Raucherzimmer baulich getrennt haben zu müssen, was nun wieder überflüssig werden könnte. „Der Ärger der Wirte sollte sich aber gegen diese Schildbürgergesetzgebung richten und nicht gegen das beschlossene Rauchverbot in Lokalen“, wurde Kolba zitiert. „Ich erwarte ein klares Zeichen gegen die populistisch angekündigte Aufhebung dieses Raucherverbotes durch eine breite Unterstützung dieses Volksbegehrens.“
Gesetzesentwurf kommt "rechtzeitig"
Die FPÖ lässt sich von dem Volksbegehren nicht aus der Ruhe bringen. Vizekanzler Heinz-Christian Strache versichert, dass der Gesetzesentwurf von Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein (beide FPÖ), mit dem das Rauchen in Lokalen weiter erlaubt werden soll, rechtzeitig kommen wird. Der FPÖ-Obmann nimmt ebenfalls gelassen zur Kenntnis, dass seine Ministerin mit diesem Vorhaben keine Freude hat. „Ich habe auch da oder dort privat eine Meinung, die nicht dem Regierungsprogramm entspricht“, sagte der Vizekanzler. In politischer Verantwortung könne man aber nicht überall seine Privatmeinung leben, sondern müsse auch inhaltliche Dinge, auf die man sich geeinigt hat, zur Umsetzung bringen. Hartinger-Klein hatte im Jänner erklärt: „Als Gesundheitsministerin kann ich mich natürlich nicht so identifizieren mit diesem Vorschlag.“
Nicht beunruhigt ist Strache über die Ablehnung seiner Initiative durch mehrere ÖVP-Bürgermeister von Landeshauptstädten - etwa von Graz, Salzburg, Eisenstadt oder Innsbruck. Er habe keine Angst, dass die ÖVP abspringen oder die Mehrheit im Parlament gefährdet sein könnte, betonte der FPÖ-Obmann. „Das wäre ein Bruch der Vereinbarung“ und „das würde jede Zusammenarbeitsform gefährden. Man muss sich aufeinander verlassen können“, zeigte sich Strache von der Handschlags-Qualität des Koalitionspartners überzeugt. Das sei auch in den ersten Wochen in der Koalition in allen anderen Fragen so gelebt worden.
Strache: "Keine Angst" vor Volksbegehren
Angesichts des Volksbegehrens für das Rauchverbot in der Gastronomie verwies Strache auf den Regierungsplan zur Stärkung der direkten Demokratie mit verbindlichen Volksabstimmungen nach erfolgreichen Volksbegehren. Wenn das umgesetzt werde, wofür wegen der nötigen Verfassungsmehrheit auch die Zustimmung der Opposition nötig ist, dann werde die Bevölkerung das Recht bekommen, zu unterschiedlichen Themen eine Volksabstimmung zu erzwingen, die dann bindet ist. Das würde dann auch für das Thema Rauchen gelten. „Davor hab ich auch keine Angst“, betonte Strache.
Der Vizekanzler bekräftigte, dass neben der Möglichkeit des Rauchens in Lokalen auch der Nichtraucherschutz garantiert und der Jugendschutz ausgebaut werden sollen. Es gehe ihm dabei um die Selbstbestimmung, um die Freiheit des Einzelnen. Die Gastronomen sollten die freie Entscheidung über ihre Lokale haben und die Bürger, in welches Lokal sie gehen wollen, ob sie im Raucher- oder Nichtraucherbereich sitzen wollen.
70 Prozent für rauchfreie Gastronomie
Das Regierungsvorhaben richtet sich übrigens gegen die Mehrheitsmeinung in einer Umfrage des Marktforschungsinstituts GfK. Anfang Jänner sprachen sich 70 Prozent für eine rauchfreie Gastronomie aus, 29 Prozent dagegen.
18 Prozent der Befragten gaben an, regelmäßig zu rauchen. Weitere neun Prozent bezeichnen sich als Gelegenheitsraucher. Die einzige Gruppe, in der die Rauchverbots-Gegner knapp überwogen (mit 51 Prozent) waren die regelmäßigen Raucher. Doch auch sie äußerten sich 47 Prozent positiv gegenüber einer rauchfreien Gastronomie.
SPÖ-Chef Christian Kern und die ehemalige SPÖ-Gesundheitsministerin und Ärztin Pamela Rendi-Wagner haben bereits ihre Unterstützungserklärung für das Nichtraucherschutz-Volksbegehren "Don't Smoke" abgegeben. Beide hoffen auf größtmögliche Zustimmung für die Initiative durch die Bevölkerung, betonten sie am Donnerstag vor dem Bezirksamt in der Wiener Innenstadt.
Kern und Pamela Rendi-Wagner hatten sich gegen 13.30 Uhr im Alten Rathaus in der Wipplingerstraße eingefunden und präsentierten schließlich die Bestätigungen für ihre Unterstützungserklärung. Alle Österreicher können diese in Magistratischen Bezirksämtern und Gemeindeämtern unabhängig von ihrem Wohnsitz abgeben, ebenso via Handy-Signatur bzw. Bürgerkarte.
"Ich halte diese Initiative für ein gutes Protestsignal. Was die Bundesregierung da tut, ist gegen die Verantwortung und gegen die Vernunft. Es ist wichtig, dass möglichst viele Menschen jetzt ein Zeichen setzen", sagte Kern. Die Unterstützer des Volksbegehrens, das zum Ziel hat, die Regierung von ihrem Plan abzubringen, das vorgesehene generelle Gastro-Rauchverbot wieder zu kippen, könne die FPÖ aber auch daran erinnern, dass sie immer mehr direkte Demokratie gefordert habe.
Pamela Rendi-Wagner, nunmehrige SPÖ-Gesundheitssprecherin, verwies auf die Einstellung der weiten Mehrheit der Österreicher zum Nichtraucherschutz: "Wir wissen aus Umfragen, dass 70 Prozent der Menschen das Rauchverbot in der Gastronomie für gut erachten. Fast eine halbe Million Österreicher haben die Online-Petition unterstützt. Das lässt mich sehr optimistisch in die Zukunft blicken", sagte sie. "Ich denke, dass die schwarz-blaue Regierung nicht so einfach über die Menschen drüberfahren kann." Als Ärztin und ehemalige Gesundheitsministerin könne sie nur ganz klar hinter dem Volksbegehren "Don't Smoke' stehen.