Die roten und die blauen Flecken
Nur in Niederösterreich regiert die Volkspartei noch komfortabler als in Oberösterreich. Daran dürfte sich bei der Landtagswahl am 27. September wenig ändern. Auch wenn den Schwarzen der Verlust der Absoluten im Landtag droht, wäre ein Ergebnis um die 40 Prozent eine Niederlage auf hohem Niveau.
Die SPÖ prägt im Industriebundesland Oberösterreich die Städte. Linz, Steyr und Wels sind rote Hochburgen, wobei letztere zur FPÖ überlaufen könnte. Doch auch in den ländlichen Regionen ist Oberösterreich nicht so einheitlich tiefschwarz, wie man vermuten könnte. Es gibt doch einige rote und blaue Flecken.
Hallstatt, ein Magnet für Touristen aus aller Welt, ist politisch eine Erbpacht der SPÖ – so wie alle Gemeinden des Inneren Salzkammerguts. Hallstatts Bürgermeister Alexander Scheutz wurde bei der Bürgermeisterwahl 2009 mit 93,62 Prozent der Stimmen gewählt. Er hatte keinen Gegenkandidaten. Das wird auch am 27. September so sein. "Im Gemeinderat wollen wir die Zweidrittelmehrheit verteidigen", sagt der Bürgermeister. Selbst bei Landtagswahlen gibt es für die SPÖ in Gemeinden wie Hallstatt Traumergebnisse: 46,8 Prozent der Stimmen holte die SPÖ dort 2009, in Obertraun 45,8, in Gosau 42,1, in Bad Goisern 38,9 Prozent. Zum Vergleich: Landesweit kamen die Roten nur auf 24,9 Prozent der Stimmen.
Das Innere Salzkammergut ist aus mehreren Gründen sozialdemokratisch: Zum einen bestand die Bevölkerung lange Jahre vor allem aus Salinenarbeitern und Holzknechten, Bauern gab es kaum. Zum anderen war (und ist) ein großer Teil der Einheimischen protestantisch. Die Evangelischen sahen sich in Opposition zum Katholizismus, und damit zur ÖVP. Ein Sonderfall ist Ebensee: Die Gemeinde ist zwar katholisch, nicht zuletzt aufgrund der Saline aber dennoch eine SPÖ-Hochburg.
Auch das Hause Habsburg und seine Adeligen waren bei den Arbeitern unbeliebt, der Kaiserkult in Bad Ischl ist eher eine touristische Erfindung. "Die Bevölkerung des Inneren Salzkammerguts wählt zu einem großen Teil wie ihre Eltern. Da spielt es keine Rolle, dass es heute nicht mehr so viele Arbeiter gibt. Das sind tradierte Verhaltensweisen", sagt der Linzer Sozialhistoriker Roman Sandgruber.
Freiheitsliebend & stur
Die Stärke der SPÖ im Inneren Salzkammergut geht einher mit einer schwachen FPÖ. Im Innviertel ist es umgekehrt. Allein im Bezirk Ried stellen die Freiheitlichen vier Bürgermeister, das Ergebnis bei den Landtagswahlen 2009 lag dort mehr als vier Prozentpunkte über dem Landesschnitt.
"Wir haben nicht die enge Beziehung zu Linz wie der Zentralraum und waren bis zum Jahr 1779 bei Bayern", sagt Lutz Weinzinger, langjähriger FPÖ-Mandatar und Steuerberater in Schärding. Er sieht die Innviertler als freiheitsliebend, bajuwarisch geprägt, manchmal auch stur. Die Worte antiklerikal und national nimmt Weinzinger nicht in den Mund. "Es gibt bei uns den Spruch: Die Landler/ sind Bandler / sind Nudeldrucker / wann die Innviertler kommen / müssens ummirucka." Die Landler bezeichnet die Einwohner des Landls, also des Hausruck- und Traunviertels, zur Unterscheidung vom lange bayerischen Innviertel. Bandler und Nudeldrucker stehen spöttisch für Gewerbetreibende, von denen es im Innviertel wenige gab. Dort regierten die Bauern. Viele sind heute bei der FPÖ.
Jedes Jahr zu Beginn der Fastenzeit ist Ried im Innkreis der Nabel der freiheitlichen Welt: Beim politischen Aschermittwoch wird der Mitbewerb nach bayerischem Vorbild aufs Korn genommen. Was Jörg Haider 1992 in der Jahnturnhalle begann, führt nun Heinz-Christian Strache vor Tausenden Anhängern in bierseliger Atmosphäre fort.
Gerhard Marschall, Innviertler, lange Jahre Journalist und Mitarbeiter der verstorbenen Nationalratspräsidentin Barbara Prammer (SPÖ), beäugt seine Landsleute auch kritisch: "Die Innviertler gefallen sich in der Rolle der Aufmüpfigen und haben gleichzeitig einen Minderwertigkeitskomplex. Aufgrund der Randlage fehlt auch die Nähe zu einer Metropole und zur Kultur. "