Politik/Inland

Christian Kern: "Die FPÖ ist mir powidl"

Ein bisschen bieder, größtenteils brav, immer recht freundlich und vergeblich auf der Suche nach Konfliktpotenzial: Den Auftakt des Vor-Wahlkampfs machte Montagabend auf Puls4 der Bundeskanzler als Gast der Sommergespräche von Corinna Milborn. Rund eine Stunde – für das Privatfernsehen überraschend ohne Werbeunterbrechung – stellte sich Christian Kern den Fragen der Moderatorin und des Publikums. Für Kern zweifellos eine gelungene Eröffnung des erwartbar langen TV-Wahlkampfes, mit mehr als 60 Auftritten und Duellen in den kommenden 111 Tagen bis zum Wahltag am 15. Oktober.

Kern steht bereits mächtig unter Druck, der neue ÖVP-Chef Sebastian Kurz glänzt derzeit mit guten Umfragewerten, deutlich vor dem SPÖ-Chef. Dafür wirkte Kern durchaus locker und authentisch.

Und er nützte die ersten Satzbälle des Wahlkampfs. Kurz warf er mehrmals Propaganda vor und versuchte ihn wiederholt in die Nähe des unbeliebten letzten ÖVP-Kanzlers Wolfgang Schüssel zu stellen.

Schnell war die Diskussion beim Flüchtlingsthema angekommen. Warum habe er denn die Idee von Kurz, die Mittelmeerroute schließen zu wollen, als "populistischen Vollholler" bezeichnet, fragt ein junger Mann? Diese Frage hatte der Kanzler offenbar erwartet, ruhig legt er seine Position dar und schoß gleich wieder scharf Richtung ÖVP-Chef Kurz: Er sei dagegen, den Menschen "Sand in die Augen zu träufeln", wie das Kurz mache. "Es wird so getan, dass man mit einem Satz ein Problem löst." Er sei auch gegen die illegale Migration Richtung Europa, das Problem sei aber komplexer. "Ich weiß, die Leute wollen einfache Antworten hören. Das Problem ist, dass Kurz nicht gesagt hat, wie das gehen soll." Es gebe eben nur langfristige Programme, um das Problem in den Griff zu bekommen.

Ob er sich als rechts oder links bezeichnen würde? "Als pragmatisch, ich bin ein Anhänger dessen, was funktioniert."

Wie er es mit den Moslems in Österreich halte? "Ich bin dagegen, den 600.000 Muslimen im Land zu sagen, dass sie nur Bürger zweiter Klasse sind."

Warum will er die Erbschaftssteuer ? "Ich habe keine Lust, Privilegierte noch privilegierter zu machen."

Und wie steht er jetzt wirklich zur FPÖ? "Die FPÖ ist mir völlig powidl", er wolle Inhalte wie Chancengleichheit, keine Enteignung mehr bei der Pflege, mehr Polizei und mehr Lehrer diskutieren. "Wer das mit uns umsetzt, ist ein gesetzter Partner."

Immerhin: Bei der Blitzumfrage durch OGM nach der Sendung attestierten ihm 64 Prozent "Führungsqualität", 64 Prozent der Befragten meinten, er habe "inhaltlich überzeugt". Aber nur 50 Prozent fanden, dass er auch unterm Strich überzeugt hat.