Lange Gesichter bei Rot und Schwarz
Die Wahl ist geschlagen - zumindest ein bisschen. Wer in die Stichwahl kommt, ist noch nicht sicher. Klar ist aber, wer die großen Verliere des Tages sind: SPÖ und ÖVP. SPÖ-Bundesgeschäftsführer Gerhard Schmid hat in einer ersten Reaktion auf das Abschneiden von SPÖ-Präsidentschaftskandidaten Rudolf Hundstorfer von einer "sehr schmerzlichen Niederlage" gesprochen. Personelle Konsequenzen werde es keine geben, inhaltliche aber sehr wohl, sagte er in der SP-Parteizentrale in der Löwelstraße. "Das ist eine Niederlage, für die wir auch Verantwortung als Gesamtpartei übernehmen", sagte Schmid. Das schlechte Abschneiden begründete er damit, dass "die Menschen der Darstellung des politischen Establishments eine Abfuhr erteilt haben." Es handle sich allerdings nicht um eine "Watsche für die Regierung, weil die Regierungspolitik ist etwas anderes".
Auch bei der ÖVP gibt es nicht zu feiern. Für Generalsekretär Peter McDonald ist das schlechte Ergebnis des schwarzen Präsidentschaftskandidaten Andreas Khol "natürlich enttäuschend, aber zu respektieren". "Die Österreicherinnen und Österreicher haben entschieden", bemerkte McDonald am Sonntagnachmittag nüchtern in einem schriftlichen Statement gegenüber der APA. Dem eigenen Kandidaten - der die Stichwahl deutlich verfehlte - stärkte McDonald den Rücken: Khol "verdient unsere volle Anerkennung und Respekt". Dieser habe "ohne zu zögern Verantwortung übernommen und vier Monate mit vollem Einsatz und Herzblut wie ein Löwe um jede Stimme gekämpft", meinte McDonald. "Wir haben heute einen Erdrutsch erlebt, der die gesamte politische Mitte in Österreich nachdenklich stimmen muss", befand McDonald mit Blick auf das starke Ergebnis für den FPÖ-Kandidaten Norbert Hofer. Es zeige sich klar, dass die Sorgen der Menschen in unsicheren Zeiten groß seien. "Die Motive werden genau zu analysieren sein."
"Das Ergebnis ist bitter, es ist natürlich enttäuschend. Andreas Khol hat nie eine faire Chance bekommen in diesem Wahlkampf" sagte ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka am Sonntagabend im Wahlzentrum in der Hofburg. Die Umfragen seien an der Grenze zur Manipulation gelegen, das habe ja auch den SPÖ-Kandidaten Rudolf Hundstorfer betroffen, meinte er vor Journalisten.
Freude hingegen bei den Blauen. FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl sieht in dem Ergebnis der 1. Runde der Präsidentenwahl "ein sensationelles Ergebnis für Norbert Hofer und ein historisches Ergebnis für die FPÖ". Ob nun Alexander van der Bellen oder Irmgard Griss Gegenkandidat in der Stichwahl sein wird, ist Kickl relativ egal: "Wir nehmen's wie's kommt", sagte der FPÖ-Generalsekretär gegenüber der APA. Für Kickl ist das Wahlergebnis ein eindeutiges Statement der Wähler, dass sie einen Bundespräsidenten mit einem anderen Amtsverständnis in der Hofburg wollen. Hofer habe im Wahlkampf klargemacht, dass er Klartext rede und ein Korrektiv zur Regierung sein wolle. Zur Frage, ob es ein Erfolg Hofers oder der FPÖ sei, meinte der Generalsekretär, Hofer sei immer als Kandidat der FPÖ ins Rennen gegangen und habe sich im Gegensatz zu anderen nicht verstellt. Hofer habe die Positionen der FPÖ von der direkten Demokratie bis zur EU-Kritik ausführlich dargelegt.
Ärger bei Lugner
Präsidentschaftskandidat Richard Lugner macht die Umfragen und den Dreikampf für sein Abschneiden verantwortlich. Im ORF-Interview machte er einen sehr verärgerten Eindruck, die Enttäuschung war groß. Eine Wahlempfehlung für die Stichwahl will Lugner "sicher nicht" abgeben und ein neuerliches Antreten in sechs Jahren schloss er aus. Lugner rechnet mit einem Schock für die traditionelle Parteienlandschaft: "Wir stehen vor einer politischen Wende."
NEOS-Chef Matthias Strolz tat ebenfalls seine Meinung kund: "Österreich hat die Nase gestrichen voll vom rot-schwarzen Machtkartell". Die Menschen hätten Veränderung gewählt. Nun werde sich in der Stichwahl entscheiden, ob der Mut oder die Wut stärker sei. Für die Neos sei klar: Egal, ob Irmgard Griss oder Alexander van der Bellen in die Stichwahl kämen, für beide würde die Zukunft Österreichs in Europa liegen. "Insofern nehmen wir das jetzt wie es kommt", gab Strolz keine dezidierte Wahlempfehlung für die Stichwahl ab, wobei er jedoch betonte: "Irmgard Griss steht für Unabhängigkeit."