Nach China-Besuch: "Vom ungeheuren Tempo lernen"
Von Josef Votzi
KURIER: Herr Minister Brandstetter, Sie waren das erste Mal in China. Ihr wichtigster bleibender Eindruck?
Wolfgang Brandstetter: Mein bleibender Eindruck ist das ungeheure Tempo, in dem in diesem Land etwas weitergeht. Da kann man wirklich etwas lernen, weil bei uns zu Hause vieles viel zu langsam geht.
Herr Minister Rupprechter, Sie waren das zweite Mal binnen eines halben Jahres hier. Ihr wichtigster bleibender Eindruck?
Angesichts dieses Zeithorizonts: Herr Justizminister, welcher Ihrer Nachfolger wird das Rechtshilfeabkommen unterschreiben dürfen, das Sie in Peking in Gang bringen wollen?
Brandstetter: Ich glaube, dass das viel schneller gehen wird. Der chinesische Staatspräsident hat das beim Treffen mit dem Bundespräsidenten von sich aus angesprochen. Wir brauchen das vor allem für unsere Bürger. Denn es sind immer mehr Österreicher mit großem Einsatz unternehmerisch in China tätig. Gleichzeitig kommen 500.000 chinesische Touristen jährlich zu uns. Ich hoffe, dass es so schnell geht wie jetzt nach dem Durchbruch bei den Agrarexporten beim Kollegen Rupprechter. Den musste ich ja schon einbremsen, dass er nicht alle Schweine hierher verkauft. Es sollte zumindest ein Sauschädel für das von Christian Konrad initiierte jährliche Sauschädelessen übrig bleiben (lacht).
Rupprechter: Das habe ich dir auch schon gerne zugesagt (lacht). Aber im Ernst: Wir verhandeln jetzt auch die Freigabe des Imports von Schweinspfoten (in China ein Glücksbringer und eine Delikatesse, Anm.). Bei der Ankunft des ersten Containers möchte ich persönlich dabei sein.
Ihnen wurde beim Staatsbesuch der rote Teppich gelegt: Warum investiert die politische Führung von 1,3 Milliarden so viel Zeit und Energie in die Vertretung von acht Millionen ?
Brandstetter: Wir haben das Glück auf einer jahrzehntelangen Beziehungspflege aufbauen zu können. Dazu kommt, dass der Bundespräsident als Gesprächspartner hier sehr geschätzt wird.
Wie ist es als Demokrat mit einer Diktatur zu verhandeln?
Brandstetter: Wir sind als Politiker Dienstleister für unsere Bürger und müssen versuchen, das Beste für Sie auch hier herauszuholen. Die Gespräche waren auch atmosphärisch sehr konstruktiv.
Rupprechter: Mit der Idee, dass die Kommunistische Partei die einzige ist, zu der sich alle bekennen, habe ich als Demokrat schon meine Schwierigkeiten. Aber ich weiß auch: Mit politischen und Handelsbeziehungen kann man demokratische Standards mitexportieren.
Brandstetter: Menschenrechte sind für uns nicht verhandelbar. Es macht aber sehr viel Sinn im Gespräch zu bleiben und den Dialog nicht zu verweigern.
Kritiker sagen, dass man so leicht zum nützlichen Idioten Chinas werden kann.
Brandstetter: Ich bin da beim Bundespräsidenten, der sagt: Wir wollen Chancen im Interesse unserer Bürger wahrnehmen.
Rupprechter: Es gab zum Beispiel in der EU große Vorbehalte gegen die Teilnahme an der AIIB (Asiatische Infrastrukturinvestitions-Bank). Jetzt sind nicht nur Österreich, sondern viele große EU-Staaten mit dabei, weil diese dadurch große wirtschaftliche Chancen im asiatischen Raum sehen.
Die USA haben den Verdacht, China wolle mit solchen Initiativen die EU spalten. Zu Recht?
Rupprechter: Sowohl die USA als auch die EU haben Interessen in Asien. Das müssen aber nicht immer die gleichen sein. Ich würde das daher sehr entspannt sehen.
Brandstetter: Ich sehe hier keine Gefahr der Spaltung der Europäischen Union.
Wären Sie Minister in China, hätte ich diese Interview-Fragen vor eine Woche schriftlich bei Ihnen einreichen müssen. Sie hätten dann entschieden, welche Sie gestellt bekommen wollen und welche nicht. Wann glauben Sie wird es auch in China eine Medienfreiheit wie in der westlichen Welt geben?
Rupprechter: Ich glaube, dass das noch länger auf sich warten lassen wird. Aber wer hätte vor 20 Jahren gedacht, das China wirtschaftlich so mächtig dasteht wie es jetzt dasteht.
Brandstetter: Die Geschichte lehrt, das zunehmende wirtschaftliche auch politische Freiheit nach sich zieht. Das lässt hoffen.