Bahn-KV: "Ohne Einigung sind die Sozialpartner tot"
Der heiße Tanz zwischen den Sozialpartnern ist nach den Metaller-KV-Verhandlungen nicht zu Ende, sondern beginnt jetzt erst so richtig. Derzeit fliegen die Fetzen beim Bahn-KV, ebenfalls krachen dürfte es bei den Verhandlungen im privaten Gesundheits- und Sozialbereich – die Gewerkschaft fordert für 100.000 Beschäftigte sechs Prozent mehr Lohn, die Einführung einer 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich, eine sechste Urlaubswoche und bessere Anrechnung der Vordienstzeiten.
Bereits festgefahren sind die Verhandlungen für den Bahn-KV. Arbeitgeber-Verhandler Thomas Scheiber dachte gestern, Montag, vor der Verhandlung mit der Gewerkschaft, dass man sich einigen werde. Doch es kam anders: „Die Gewerkschaft hat sich mit unserem Angebot zurückgezogen und die Verhandlung solange unterbrochen, bis der Warnstreik nicht mehr abwendbar war“, sagt Scheiber. Für ihn ein inakzeptables Verhalten. „Es liegt der Verdacht nahe, dass es sich um eine Inszenierung handelt“, so der Chefverhandler zum KURIER.
Nächstes Opfer
Die Gewerkschaft wolle offenbar unbedingt den angekündigten heißen Herbst. Erst seien die Metaller ihr Opfer geworden, nun eben die Eisenbahner. Gerüchte, dass sich Roman Hebenstreit, Vorsitzender der Verkehrs- und Dienstleistungsgewerkschaft Vida, durch diese Aktion profilieren und sich für eine Nachfolge des ÖGB-Präsidenten Wolfgang Katzian in Position bringen wolle, kommentierte Scheiber so: „Es gibt gewisse Indizien, die man sich zusammenreimen kann.“ Einen Streik während laufender Verhandlungen – wie gestern Montag – habe er jedenfalls noch nie erlebt.
Das Angebot der Arbeitgeber sei eine Einmalzahlung von 375 Euro sowie eine durchschnittliche Lohn- und Gehaltserhöhung von 3,37 Prozent gewesen. „Damit waren wir zwischen den Metallern und den Beamten“, bringt Scheiber sein Unverständnis für den Abbruch der Gespräche am Montag zum Ausdruck. Bei den Rahmenbedingungen sei man sich inzwischen deutlich näher gekommen.
Gremien tagen
Morgen, Mittwoch, sollen die Gremien beider Seiten tagen und innerhalb der kommenden sieben Tage die nächsten Verhandlungen folgen. Scheiber glaubt nicht, dass es einen Generalstreik sondern eine Einigung geben wird. „Denn sonst würden andere eine Lösung finden und dann wäre die Sozialpartnerschaft tot.“
Woran eine Einigung gescheitert ist, kann Hebenstreit genau sagen: „Wenn man in der neunten Runde plötzlich neue Forderungen auf den Tisch legt, fragt man sich, was man da noch will.“ Die Arbeitnehmer hätten unter anderem verlangt, das Mindestalter für Lokführer auf 19 Jahre zu senken – für ihn ist das viel zu gefährlich.
Die 3,37 Prozent stimmen laut dem Vida-Chef nicht, da „wurde zuviel hineingerechnet“. In Wahrheit liege der derzeitige Prozentsatz darunter. „Wir haben uns heute von einer Lösung eher wegbewegt“, sagt Hebenstreit. Für die nächste Eskalationsstufe, sprich Generalstreik, sei man bereit, für eine Lösung aber auch: „Eine Einigung ist immer möglich, es muss sich aber das Gegenüber bewegen.“
„Halte das aus“
Von einer Inszenierung will er nichts wissen: „Wir haben klar gemacht, dass es nach vier Jahren Verhandlung zur Arbeitszeit einer Entscheidung bedarf.“ Auf die Profilierungsvorwürfe sagt Hebenstreit: „Wenn man sich auf mich einschießen will, dann halte ich das aus.“
ÖBB-Chef Andreas Matthä schätzt die Kosten des Warnstreiks auf Hunderttausende Euro. „Der Imageschaden wiegt aber viel schwerer, das haben sich die Eisenbahner nicht verdient“, so Matthä. Sein Appell: „Zurück an den Verhandlungstisch.“ Der gestrige Tag sei jedenfalls für die Sozialpartnerschaft kein guter gewesen.