Politik/Inland

Starterpaket für Konjunkturmotor gesucht

Wirtschaft und Politik sehen dringenden Handlungsbedarf angesichts der trüben Wachstumsaussichten. "Österreich hat 2014 seinen über ein Jahrzehnt währenden Wachstumsvorsprung innerhalb der EU verspielt. Jetzt fallen wir immer weiter zurück. Das dürfen wir nicht einfach hinnehmen." Das sagte Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl am 5. Mai nach Bekanntwerden einer wieder einmal pessimistischen EU-Prognose.

Heute, am 30. Oktober, findet der damals angekündigte Arbeitsmarktgipfel der Regierung endlich statt, und die Erwartungshaltung ist – milde formuliert – nicht die allerhöchste.

Winter-Rekord

Das Ziel ist klar: Rot und Schwarz wollen verhindern, dass es im Winter tatsächlich 500.000 Arbeitslose werden, wie das zuletzt AMS-Chef Johannes Kopf befürchtet hat.

Momentan sind fast 400.000 Österreicher auf Jobsuche, und mit jedem Monat werden es mehr. Hauptschuld trägt das nicht vorhandene Wirtschaftswachstum, darin sind sich alle Experten einig. Die Industrie spricht gar von einer "Investitionskrise" aufgrund der schlechten Stimmung im Land und den tristen Gewinnaussichten für Unternehmen.

Arbeitsmarktpolitik allein (Kurse, Umschulungen, Lohn-Subventionen etc.) kann also die Arbeitslosigkeit nicht mildern, sagt Kopf. Denn seit vier Jahren liegt das Wachstum unter einem Prozent. Und zwei bis 2,5 Prozent wären nötig, um die Arbeitslosenrate zu senken.

Von Erholung oder gar einem Aufschwung kann aber auch 2016 nicht die Rede sein. Und so drängen Arbeitnehmer und Arbeitgeber massiv darauf, dass der Arbeitsmarktgipfel flugs zu einem Konjunktur- und Wirtschaftsgipfel umfunktioniert wird.

Das ist freilich viel verlangt von einem Treffen, das für zwei Stunden anberaumt ist. Von 9 Uhr bis 11.00 Uhr konferieren Kanzler, Vizekanzler, Finanz- und Sozialminister mit den Spitzen der Sozialpartner. Danach geht es für Werner Faymann schnurstracks nach Paris zu François Hollande und damit zu einem weiteren Treffen in der Flüchtlingsfrage – die derzeit alles überlagert.

Und so schrumpft das lange und kontroversiell diskutierte Paket inklusive Bonus-Malus für Ältere und der sechsten Urlaubswoche für alle (nach 25 Dienstjahren) wohl auf ein Mini-Packerl.

Im Kern bekommt die Arbeitnehmer-Seite das längst in Begutachtung befindliche Wohnbaupaket, das über die Jahre 20.000 Jobs bringen soll. Und die Arbeitgeberseite erhält die neuerliche Zusage für eine Lohnnebenkosten-Senkung.

Industrie-Chefökonom Christian Helmenstein kommentiert das zurückhaltend: "Das kann nur ein allererster Einstieg zu einer umfassenden Senkung bei den Arbeitszusatzkosten sein. Denn die letzte Reduktion in der Unfallversicherung wurde durch die Anhebung der Höchstbeitragsgrundlage bei der Steuerreform schon wieder konterkariert."

An Ideen und Rezepten, wie die Politik die Konjunktur ankurbeln könnte, mangelt es nicht, an der Umsetzung schon eher. Im Budget ist durch das Hypo-Desaster und die Fünf-Milliarden-Steuerreform kein Spielraum vorhanden, es gibt nichts zu verteilen. Und so müssten sämtliche Entlastungsschritte für Betriebe und Haushalte gegenfinanziert werden. Das hieße Steuererhöhungen oder Reformen. Letztere hat Finanzminister Hans Jörg Schelling in seiner Budgetrede ultimativ eingefordert.

Doch der Weg von der Regionalliga Ost zurück in die Champions League ist weit: Heuer haben von 28 EU-Mitgliedern nur Finnland, Frankreich und Kroatien ein schwächeres Wirtschaftswachstum als Österreich.

Dreifach-Dividende

WIFO-Chef Karl Aiginger gibt sich dennoch nicht geschlagen und hat im KURIER-Gespräch einen Vorschlag parat, wie die Regierung kurzfristig ein "Starterpaket für den stotternden Konjunkturmotor" (AK-Präsident Rudolf Kaske) schnüren könnte.

Aiginger schlägt zwei Maßnahmen vor: Die Regierung soll 2016 auf die Kürzung bei der thermischen Sanierung verzichten. "Das brächte eine ökologische, konjunkturelle und beschäftigungspolitische Dreifach-Dividende." Außerdem, sagt der Wirtschaftsexperte, sollte der Handwerker-Bonus verlängert werden. Das würde die Bauwirtschaft stützen und Schwarzarbeit in reguläre Beschäftigung umwandeln.