ORF-Schlussrunde ohne Elefanten
Von Patricia Haller
Die letzte Chance, sich im Fernsehen vor Hunderttausenden Zusehern noch einmal vor der Wahl in Szene zu setzen, nahmen nur drei Chefs der Opposition wahr: der blaue Parteichef Heinz-Christian Strache, die grüne Bundessprecherin Eva Glawischnig und der orange BZÖ-Spitzenkandidat Josef Bucher.
Pappkameraden
SPÖ-Spitzenkandidat Werner Faymann und ÖVP-Herausforderer Michael Spindelegger pfiffen auf die traditionelle Schlussrunde. Eva Glawischnig stellte sie als Pappkameraden zumindest kurzfristig auf den Tisch. Eine Elefantenrunde sei seit 20 Jahren üblich, so die Kritik aller drei Oppositionschefs, die Faymann und Spindelegger Diskussionsverweigerung vorwarfen.
Beim ersten Thema Arbeitsplätze war es aber mit der Gemeinsamkeit wieder vorbei: Die Grünen wollen mit Green Jobs bis 2020 bis zu 100.000 Jobs schaffen, Strache ist vor allem wichtig, den Arbeitsmarkt nicht für Rumänen und Bulgarien öffnen; Bucher will Steuern senken: „Wir sind ein Nationalpark Hohe Steuern geworden.“
TV-Duell: Die besten Zitate
Gemeinsamkeiten zwischen Blau und Grün offenbarten sich beim Thema Mindestlohn, den beide Parteien anstreben. Bucher setzt lieber auf Lohn-Verhandlungen der Sozialpartner.
Heftig gestritten wurde wie zu erwarten über den Euro und die Bildung: Glawischnig sprach sich für eine gemeinsame Schule aus, Strache sieht das als „marxistisches Modell: Das macht alle Schüler gleich.“ Bucher ist für eine gemeinsame Schule aller 10- bis 15-Jährigen. Danach solle es weiter ein Oberstufen-Gymnasium geben. Bucher sorgte zudem für das Bonmot des Abends, als er sich gegen zwei verpflichtende Kindergarten-Jahre aussprach: „Ich bin für Wahlfreiheit. Ich bin die lebende Freiheitsstatue von Österreich.“
Sympathiepunkte
Für Medientrainer Gerald Groß war die Runde über weite Strecken „wohltuend und entspannt. Es haben sich alle drei bemüht, Sympathiepunkte zu sammeln. Wankelmütige Wähler konnten möglicherweise überzeugt werden“. Neue Inhalte habe es, wie zu erwarten war, nicht mehr gegeben. Unentschlossene hätten die drei wohl nicht erreicht.
Der blaue Parteichef Heinz-Christian Strache, die grüne Bundessprecherin Eva Glawischnig und der orange BZÖ-Spitzenkandidat Josef Bucher traten gegeneinander an. Frank Stronach war nicht dabei. Sein Team schickte auch keinen Ersatz.
Hier gibt es die Nachlese der TV-Konfrontation:
Bevor die Diskussionsrunde startet gibt es einen Kurzfilm über die Geschichte des "Taferls" bei TV-Konfrontationen, das Duzen zwischen politischen Kontrahenten.
Der Abend startet - wenig überraschend - mit Attacken auf die Nichtanwesenden, Werner Faymann und Michael Spindelegger. Wie empfanden Bucher, Glawischnig und Strache die TV-Duelle? Bucher: "Die trauen sich wohl nicht." Glawischnig stellt ein Spindelegger- und ein Faymann-Taferl auf. Es habe keine einzige gemeinsame Diskussion mit Faymann und Spindelegger gegeben: "Eine Schande." Für Strache sind Faymann und Spindelegger "zu feig und zu müde", um heute im Studio zu sein.
Was sind die politischen Ziele? Glawischnig setzt auf Ökologie und die Schaffung von neuen Arbeitsplätzen bis zum Jahr 2020. Strache setzt auf weniger Bürokratie und weniger "Zwangskammern". Natürlich führt auch er die Schaffung neuer Arbeitsplätze an. Bucher will die Steuern senken, er zählt Unternehmen auf, die Österreich verlassen haben wegen "ungünstiger Rahmenbedingungen".
Mindestlohn - Soll es das gesetzlich fixiert geben? Strache bejaht. Das Leben sei immer weniger leistbar. Strache wiederholt sein Mantra: "Alle sollen mehr Netto vom Brutto haben." Glawischnig stimmt zu. Die Grünen-Chefin führt an, dass die Betroffenen vor allem Frauen sind, die sehr oft auch an der Bürokratie scheitern, wenn es darum geht Unterstützung zu bekommen. Bucher ist gegen ein Gesetz. Er setzt auf die Sozialpartner. Buchers Lösung: eine "einfache Steuerreform".
Glawischnig bleibt dabei, dass das Problem nur über ein Gesetz geregelt werden kann. Ihr Eindruck: "Wenn es um Frauen geht, wird weniger aufs Gas gedrückt."
Thema Verwaltungsreform Strache setzt auf eine Verwaltungsreform und direkte Demokratie. Thurnher ist sich nicht sicher, ob Strache eine Reform schaffen kann, die bis jetzt noch nicht umgesetzt werden konnte. Bucher bleibt bei seiner Steuerreform zur Entlastung der kleinen Einkommen. Glawischnig setzt auf Investitionen im Bildungsbereich - "auch für die wirtschaftliche Entwicklungsfähigkeit Österreichs".
Heikles Thema: Gemeinsame Schule der 10-14-Jährigen Glawischnig will die Schüler entlasten und nicht "immer" auf ihren Schwächen herumreiten. Sie greift dabei kurz Spindeleggers Haltung im Bildungsbereich und seine Ablehnung der gemeinsamen Schule an. Strache will keine gemeinsame Schule. Er spricht von einem Systemfehler in den vergangen Jahren. Außerdem macht er einen Sidekick zum Thema Integration. Schüler, die schlecht deutsch können, würden die ganze Klasse aufhalten. Bucher verwirrt seine Kontrahenten: Er spricht von einer Schule ab 15. "Es braucht zusätzlich das Gymnasium." Glawsichnig klärt auf, dass er offenbar die Oberstufe meint.
Kindergartenplatz/zwang/anspruch Strache will keinen "Zwang" beim Thema Kindergarten. Glawischnig will einen Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz. Gleichzeitig müssen Kindergärtnerinnen besser bezahlt werden. Auch für Bucher ist es ein "Zwang". Er ist für die "Wahlfreiheit". "Ich bin die Freiheitsstatue Österreichs." Glawischnig will ein 2.verpflichtendes Kindergartenjahr als "Anspruch des Kindes auf Bildung" und zwar gratis.
Pensionen Familien mit mehreren Kindern sollten gefördert werden, so Strache: Mit den Steuergeldern sollte man nicht nur die Zuwanderung finanzieren. Bucher: Zuerst müsse für ausreichende Beschäftigung gesorgt sein, dann folge eine "Ausschaltung aller Privilegien" und eine "Bevorteilung von Frauen", eine Förderung von Familien. Glawischnig will ein liberaleres Pensionssystem: "Ganz oder garnicht halte ich für eine grundsätzlichen Fehler." Frauen sollen schon länger arbeiten "dürfen", aber "nicht müssen".
Euro/Europa: Soll Griechenland noch den Euro haben? Für Strache ist es - im Gegensatz zu Glawischnig - notwendig, dass Griechenland die Eurozone verlässt. Bucher: "Der Euro an sich ist nicht das Problem", sondern die Unterschiedlichkeit der beteiligten Länder. Die Kooperation mit Ländern, die enorme Schulden angehäuft haben, sei das Problem für Bucher.
Schlussfrage: Wunschkoalitionspartner? Für Glawischnig müssen die beiden Koalitionsparteien die Mehrheit verlieren, um etwas zu verändern. Strache will stärkste Kraft werden und den Kanzleranspruch erheben. Gelächter im Hintergrund. Bucher geht davon aus, dass Rot/Schwarz schon ausgemacht sei.
Zum Schluss gibt es noch Blumen von Strache für Thurnher.