Aktenlieferung des Finanzministeriums: Wie es weitergeht
Von Christian Böhmer
Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) hat sich am Donnerstag bei seiner mittlerweile dritten Befragung im Ibiza-Untersuchungsausschuss zugeknöpft gegeben. Die verzögerte Aktenlieferung an den U-Ausschuss rechtfertigte Blümel neuerlich damit, dass er als Minister auch "Fürsorgepflichten" gegenüber seiner Belegschaft habe. Er habe auf die Wahrung der Persönlichkeitsrechte der Beamten zu achten gehabt.
Was genau ist bisher eigentlich passiert?
Vereinfacht gesagt haben die Oppositionsparteien im U-Ausschuss mit dem Finanzministerium darüber gestritten, welche Unterlagen – eMails, Kalendereinträge etc. – an den Ausschuss zu liefern sind. Am 3. März hat der Verfassungsgerichtshof (VfGH), der in dem Fall als Streitschlichter agiert, entschieden, was zu liefern ist. Das Finanzministerium hat dennoch gewartet – unter anderem deshalb, weil man in eMails einzelner Mitarbeiter höchst private Informationen sah, die man als Ministerium, also Arbeitgeber, nicht weitergeben wollte. Am 5. Mai beauftragte der VfGH den Bundespräsidenten, seine Entscheidung zu exekutieren, sprich: umzusetzen. Das Ministerium lieferte am selben Tag Tausende Akten und erklärte die Sache für erledigt.
Warum beschäftigen sich nun weiterhin VfGH und Hofburg mit dem Thema?
Die Opposition bleibt dabei, dass Akten fehlen. Ein Argument ist dieses: Aufgrund der Anzahl der gelieferten eMails lasse sich errechnen, dass führende Mitarbeiter im Ministerium weniger als zehn dienstliche eMails am Tag bekämen. Das sei realitätsfremd. Für Bundespräsident Van der Bellen steht damit „Aussage gegen Aussage“: Das Ministerium sagt, es habe geliefert, die Oppositionsparteien bezweifeln dies. Am Mittwoch hat Van der Bellen das Straflandesgericht Wien beauftragt, das zu klären.
Warum hat Van der Bellen das Straflandesgericht eingeschaltet – es geht doch um kein Strafverfahren?
Im Wesentlichen argumentiert die Hofburg so: Da man selbst diese Aufgabe mangels Personal und Know-how nicht wahrnehmen könne, habe man eine Institution ausgesucht, die Erfahrung mit Exekutionen hat. Das seien unter anderem Gerichte und Staatsanwaltschaften. Letztere sind aber weisungsgebunden, daher fiel die Entscheidung auf ein Gericht. Zudem sei wichtig, dass – etwa zur Sicherstellung von Datenbeständen – auch Zwangsmaßnahmen verordnet werden können. Was die per Zufallsgenerator gewählte Richterin nun zu hat, wird im Schreiben an das Landesgericht klar umrissen: Die Richterin hat die vom VfGH angeführten Daten sicherzustellen und zu sichten, ob sie von der Vorlagepflicht erfasst sind. Nicht vorlagepflichtig ist „private Kommunikation“ sowie bis 3. März bereits vorgelegte Daten. Diese müssen „umgehend gelöscht“ werden. Die eMails, um die es geht, werden in der Anordnung genannt, die Namen wurden für die Veröffentlichung geschwärzt.
Warum hat Van der Bellen nicht einfach einen Gutachter beauftragt?
Ein Forensiker hat rechtlich nicht die Möglichkeit, mittels Zwang ins Bundesrechenzentrum oder Ministerium zu gehen, um Daten zu sichern. Hinzu kommt: Die inhaltliche Bewertung, welche Daten privat sind, kann ein Daten-Forensiker nicht leisten. Alexander Van der Bellen hat im Schreiben an das Straflandesgericht aber explizit festgehalten, dass die nun ausgewählte Richterin Experten zuziehen kann.
Wie lange hat das Gericht Zeit?
Die Frist läuft bis 15. Juli. Der U-Ausschuss kann danach weiter mit den Daten arbeiten, weil an diesem Tag nur die Beweisaufnahme endet. Der Ausschuss läuft bis September.