Politik/Inland

71 Prozent der Ärzte würde bei Verbot von Nebenjobs Spital verlassen

Während es seit Jahren einen regelrechten Wildwuchs an Privatärzten gibt, wird es immer schwieriger, einen Termin bei einem Kassenarzt zu bekommen. Ebenso groß ist der Wildwuchs an mehr oder weniger ausgegorenen Ideen, wie diesem Problem begegnet werden soll.  Zuletzt hatte etwa Wiens Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) ein Wahlarztverbot für Spitalsärzte aufs Tapet gebracht. Begrüßt wurde der Vorstoß von der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) und dem Wiener Patientenanwalt Gerhard Jelinek.

Die Wiener Ärztekammer hält davon naturgemäß nichts. Zur Untermauerung präsentiert sie nun eine von ihr selbst durchgeführten Laut einer selbst durchgeführten Umfrage. Demnach würde eine Mehrheit der Ärztinnen und Ärzte bei einem Verbot von Nebenbeschäftigungen bei Teilzeitarbeit das Spital verlassen. Von 998 deklarierten Teilnehmenden gaben das 71 Prozent an. Ärztekammerpräsident Johannes Steinhart lehnte die Idee neuerlich ab: "Eine Beschränkung des freien Arztberufes ist mit uns nicht zu machen."

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Insgesamt nahmen an der Umfrage 1.727 Ärztinnen und Ärzte aus verschiedenen Wiener Spitälern teil. Die Kurie angestellte Ärzte der Ärztekammer Wien befragte sie zwischen 17. und 24. Juni 2024. Von den Befragten hatten 998 eine eindeutige Meinung zur Frage "Wie würden Sie sich bei einem Nebenbeschäftigungsverbot entscheiden". Die restlichen Teilnehmenden machten dazu keine Angabe.

Steinhart positioniert sich klar: "Dieser undurchdachte Vorstoß eines kleinen Teils der Politik ist abzulehnen, was jetzt auch Zahlen belegen." Er forderte stattdessen eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen im Gesundheitswesen. "Nur so kann man Abwanderungsbewegungen stoppen und Patientensicherheit gewährleisten."

Ärztekammer gegen "Ärzte-Bashing"

Auch Natalja Haninger-Vacariu, Kurienobfrau angestellte Ärzte und Vizepräsidentin der Ärztekammer für Wien, stellte sich gegen ein "Ärzte-Bashing": "Das kann sich Wien im Angesicht des ohnehin bestehenden Personalmangels und der viel zu langen OP-Wartezeiten nicht leisten." Die Verantwortlichkeit sah sie klar verteilt: "Sowohl die Politik als auch die Spitalsträger sind gefordert, vernünftige Lösungen zu erarbeiten."

Vollzeitprämie

Auch die Österreichische Ärztekammer (ÖÄK) mengt sich in die Debatte ein: Sie will „motivierende Anreize“ für Spitalsärzte schaffen. Harald Mayer, Vizepräsident der ÖAK und Bundeskurienobmann der angestellten Ärzte, forderte die Politik  auf, „eine Vollzeitprämie für Spitalsärztinnen und -ärzte einzuführen und Überstunden steuerlich massiv zu begünstigen“. 

Solche Abgeltungen hätten „auch etwas mit Wertschätzung zu tun“, sagte Mayer. Mehr Arbeit müsse auch finanziell ausgeglichen werden. „Wenn wir verhindern wollen, dass unser solidarisches Gesundheitssystem kippt oder gar zusammenbricht, müssen wir schauen, dass wir jene im Lande halten und sehr gut behandeln, die derzeit noch mit größter Überzeugung im Spital arbeiten“, so der ÖAK-Vizepräsident.