220 Mio. Rückstellungen wegen EuGH-Verfahren zu Familienbeihilfe
Das Familienministerium hat laut einer parlamentarischen Anfragebeantwortung von Ressortchefin Susanne Raab (ÖVP) für den Fall von Rückzahlungen wegen der Indexierung der Familienbeihilfe Rückstellungen von 220 Mio. Euro gebildet, berichtet orf.at. Derzeit liegt die umstrittene Reform der ÖVP-FPÖ-Regierung noch beim Europäischen Gerichtshof (EuGH), in einem Ende Jänner veröffentlichten EuGH-Gutachten des EuGH-Generalanwalts wurde die Indexierung als unzulässig eingestuft.
Die Indexierung betrifft EU-Bürger, die in Österreich arbeiten, deren Kinder aber im Ausland leben. Seit 2019 wird bei ihnen die Familienbeihilfe an die tatsächlichen Lebenshaltungskosten der im EU-Ausland lebenden Kinder angepasst, was vor allem für in Österreich tätige Arbeitnehmer aus osteuropäischen Ländern zum Teil deutliche Einbußen bedeutet.
Arbeitnehmer aus anderen EU-Staaten müssten in Österreich unabhängig vom Aufenthaltsort ihrer Kinder die gleichen Beihilfen und steuerlichen Vergünstigungen wie österreichische Arbeitnehmer erhalten können, hieß es in der Schlussfolgerungen des EU-Generalanwalts Richard de la Tour. Immerhin würden die Betroffenen in gleicher Weise zur Finanzierung des österreichischen Sozial- und Steuersystems beitragen wie österreichische Arbeitnehmer.
Bei Vertragsverletzungsverfahren Rückzahlung
Die EU-Richter müssen sich zwar bei ihrer Entscheidung nicht an die EuGH-Schlussanträge halten, in der Regel tun sie es allerdings. In diesem Fall könnten im Rahmen des Vertragsverletzungsverfahrens Rückzahlungen fällig werden. Dafür hat Raab aufgrund der Ansprüche in den Jahren 2019, 2020 und 2021 laut Anfragebeantwortung 220 Millionen Euro reserviert.
Die Indexierung der Familienbeihilfe war ein von Anfang höchst umstrittenes Prestigeprojekt der türkis-blauen Koalition, Nachbarländer und Europaexperten hielten sie schon vor Beschluss mit dem Europarecht für unvereinbar. Türkis-Blau wollte mit der Indexierung 114 Millionen Euro jährlich einsparen. Laut aktueller und früherer Anfragebeantwortungen wurden in den Jahren 2019 bis 2021 insgesamt 290 Millionen Euro weniger an Familienbeihilfen ausgezahlt als in den Jahren zuvor (2019: 62 Mio. Euro; 2020: 87 Mio. Euro; 2021: 141 Mio. Euro).