100 Jahre AK: Anderl fordert "Gerechtigkeitsschub"
Österreich wird von den Mensch grundsätzlich als relativ gerechtes Land gesehen. Trotzdem gibt es Ungerechtigkeiten vor allem beim Zugang zu leistbarem Wohnen, bei Einkommens- und Vermögensverteilung, dem Steuersystem, der Aufteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit sowie bei der Klimawandel-Bewältigung. Das geht aus einer IFES-Umfrage hervor, die die AK zu ihrem 100. Geburtstag präsentierte.
"Österreich braucht einen Gerechtigkeitsschub", sagte Arbeiterkammer-Präsidentin Renate Anderl am Mittwoch in einer Pressekonferenz mit ihrem Vize Günther Goach und IFES-Geschäftsführerin Eva Zeglovits. Es sei jetzt wieder an der Zeit, für mehr Gerechtigkeit zu sorgen, das habe die AK vor 100 Jahren bei ihrer Gründung getan, das tue sie heute und das werde sie auch in Zukunft machen.
Anlässlich des 100. Jahrestages der Gesetzesbeschlusses zur Errichtung der Arbeiterkammern am 26. Februar hat IFES im Jänner und Februar eine Telefon- und Online-Umfrage unter 2.000 Personen ab 16 Jahren durchgeführt. 41 Prozent empfinden Österreich demnach grundsätzlich als gerecht, nur 15 Prozent als ungerecht. Während der Zugang zu Zukunftstechnologien, zu öffentlichen Verkehrsmitteln, die Aufstiegsmöglichkeiten im Beruf und der Umgang mit Behinderten noch mehrheitlich als eher gerecht angesehen werden, nennen die Österreicher aber auch zahlreiche konkrete Ungerechtigkeiten.
So wird die Verteilung des Vermögens von 19 Prozent als gerecht, aber von 46 Prozent als ungerecht gesehen. Ähnlich ist es bei den Fragen, wer wie viel Steuern bezahlt (17 Prozent gerecht, 46 Prozent ungerecht), der Verteilung wichtiger Jobs (16 Prozent gerecht, 47 Prozent ungerecht) und der Aufteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit (16 Prozent gerecht, 47 Prozent ungerecht). Noch deutlicher wird es beim Zugang zu leistbarem Wohnraum, den nur 31 Prozent für gerecht, aber 54 Prozent für ungerecht halten. Und wer den Klimawandel verursacht und wer seine Folgen zu spüren bekommt ist nur für 12 Prozent gerecht, aber für 48 Prozent ungerecht.
Anderl leitete aus dieser Umfrage einen Handlungsbedarf insbesondere für die Schaffung von Vermögenssteuern ab. "Hören wir auf, uns zu fürchten, diskutieren wir über konkrete Modelle zur Besteuerung großer Vermögen", forderte die AK-Präsidentin. "Alle müssen die Party zahlen, nicht nur die, die arbeiten", plädierte sie für ein gerechtes Steuersystem.
Laut der Umfrage haben auch 89 Prozent den Eindruck, dass der Druck in der Arbeitswelt immer größer wird. Anderl sieht darin ein "Warnsignal" und betonte, dass die Arbeitsverdichtung in allen Branchen zunehmen. Die AK fordert deshalb eine seriöse Diskussion über Arbeitszeitverkürzung und einen Rechtsanspruch auf eine Vier-Tage-Woche mit Rückehrrecht auf die Fünf-Tage-Woche.
Weitere "Ungerechtigkeiten" sprach der Kärntner AK-Präsident Goach an. Als Beispiel nannte der die Abfertigung, die im alten System nach 25 Jahren ein Jahresgehalt bringt, mit der seit 2033 gültigen Abfertigung neu brauche mach dafür angesichts der schwachen Performance der Abfertigungskasse hingegen jetzt 74 Jahre. Außerdem fordert er ein Verbot für Kündigungen im Krankenstand und nach einem Arbeitsunfall.