Politik

Guttenberg wird EU-Internetberater

Die Internetplattform Guttenplag-Wiki und ihre zahlreichen Plagiatsjäger brachten ihn heuer um Doktortitel und Ministeramt – und trotzdem zieht Karl-Theodor zu Guttenberg jetzt als Verteidiger der Netzfreiheit in die Schlacht. Neun Monate nach seinem schmachvollen Rücktritt wurde der ehemalige deutsche Verteidigungsminister am Montag in Brüssel als neuer, unbezahlter EU-Berater für die Freiheit im Internet vorgestellt. Er soll mithelfen, Internetnutzer, Blogger und Cyberaktivisten in autoritär regierten Staaten zu schützen. So will die EU Programme zur Umgehung staatlicher Sperren und zum Schutz vor Spionagesoftware verteilen.

Die für Digitales zuständige EU-Kommissarin Neelie Kroes verteidigte ihre Personalentscheidung: "Es war meine Wahl. Ich will keine Heiligen, sondern Talente." Angesichts der Reaktionen dürften ihr aber schon bald Zweifel kommen, ob Guttenberg als Galionsfigur taugt.

Internet-Sperre

Netzaktivisten haben nicht vergessen, dass er als Minister 2009 noch Internet-Sperren befürwortet hatte. Gegner hatte er damals in die Nähe von Befürwortern von Kinderpornografie gerückt. Außerdem hatte er für die umstrittene Vorratsdatenspeicherung gestimmt. Guttenberg, so der Vorwurf, hänge jetzt im Fahrwasser der mit Internet-Themen so erfolgreichen Piratenpartei sein Fähnchen in den Wind.

Andere Kritiker sehen den neuen EU-Job des einstigen Superstars im Kabinett Merkel als Teil seiner Strategie für ein politisches Comeback. Guttenberg versuche nur, mit aller Gewalt in die Medien zu kommen. Dem widerspricht der 40-Jährige: "Dies ist kein politisches Comeback. Ich plane nicht, in den kommenden Wochen und Monaten zurückzukehren." Guttenberg bleibt also vorerst in den USA, wo er für die US-Denkfabrik "Center for Strategic and International Studies" arbeitet.

Bei einer Heimkehr würde ihm derzeit ein rauer Wind entgegenschlagen. Mit seinem stark verkauften Interview-Buch "Vorerst gescheitert" hat er seine Parteifreunde schwer vergrault. Der CSU hatte er vorgeworfen, sie sei keine Volkspartei mehr und habe "Spinnweben" angesetzt. Das sei "völlig daneben" gewesen, sagte CSU-Chef Horst Seehofer am Wochenende über seinen einstigen Ziehsohn. Auch Familienministerin Kristina Schröder von der CDU erteilte dem einstigen Kabinettskollegen eine Abfuhr: "Er hatte einige große politische Erfolge. Aber mit Sicherheit kommen wir auch ohne ihn gut klar."

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