Großbritannien: Ex-Königsmacher verliert
Von Stefan Schocher
Es war die Abrechnung zwischen zwei Hintermännern. Auf der einen Seite Boris Beresowski, der Mann, der Russlands ersten Präsidenten Boris Jelzin an die Macht brachte und dort hielt – der eigentliche Regent Russlands in den 90er-Jahren. Auf der anderen Seite Roman Abramowitsch, jener Mann, der anders als Beresowski verstand, dass mit dem Einzug Wladimir Putins in den Kreml ein anderer Wind aufzog, mit dem es sich zu arrangieren galt. Einst waren sie Partner. Heute sind sie Feinde. Am Freitag entschied ein Gericht in London, den Vorwürfen Beresowskis gegen seinen einstigen Zögling Abramowitsch nicht stattzugeben. Das Ende eines Verfahrens, das einen seltenen Blick auf Wirtschaft und Politik im Russland der 90er-Jahre bot.
Der Vorwurf Beresowskis lautete: Abramowitsch schulde ihm fünf Milliarden Dollar, nachdem er ihn im Jahr 2000 unter der Androhung einer Enteignung gedrängt habe, seinen Anteil am damaligen Öl-Giganten Sibneft weit unter dem Marktwert zu verkaufen.
Abramowitsch wies diesen Vorwurf zurück und verwies auf die Jahre davor, wo er Milliarden für den Schutz durch Beresowski gezahlt habe. Milliarden für Geschenke wie Flugzeuge, Yachten, Villen in Frankreich und Juwelen. Schutzgeld. Denn es war Beresowski, der durch seine Nähe zur "Familie" Jelzin Unternehmern wie Abramowitsch Schutz bieten konnte.
Das änderte sich im Jahr 2000 rasant. Beresowski überwarf sich mit seinem früheren Zögling Wladimir Putin, den er nach eigenen Worten zuvor für einen uncharismatischen Befehlsempfänger und damit für den idealen Jelzin-Nachfolger gehalten hatte. Im Jahr 2000 ging Beresowski ins Exil nach London.
Kreml-Arrangements
Abramowitsch blieb in Russland – lebt heute aber aus freien Stücken in London. Probleme mit der neuen Kreml-Mannschaft wurden derart gelöst, dass er Gouverneur der unterentwickelten Region Tschukotka wurde, um dort Milliarden seines Privatvermögens zu investieren – und sich aus der Politik konsequent heraushielt. Mit Erfolg: Abramowitsch wird heute auf 13,4 Milliarden US-Dollar geschätzt. Beresowskis dagegen nur mehr auf einige Hundert Millionen. In Russland gilt ein Haftbefehl gegen ihn.
Es waren, so gab Beresowski im Zeugenstand wiederholt zu, nur mündliche Abmachungen, durch die die jetzt umstrittenen Deals mit Abramowitsch geschlossen wurden. Mündlich, da die bestehenden Gesetze nach dem Ende der UdSSR Geschäfte solcher Dimension nicht kannten. Deals per Handschlag. Einen solchen tauschten Beresowski und Abramowitsch während des gesamten Verfahrens nicht aus .