Geldnot zwingt NATO zum Umplanen
Die NATO ist die Basis unseres Engagements in der Welt, sie ist die Säule des Friedens und der internationalen Sicherheit" – diese Botschaft verkündete Barack Obama zum Auftakt des größten NATO-Gipfel aller Zeiten. Damit unterstrich der Präsident im laufenden Wahlkampf den Führungsanspruch der USA – und damit auch seinen. Obama zelebriert bei dem zweitägigen Treffen in Chicago, seiner Heimatstadt, "ein Hochamt der Sicherheitspolitik", betonte ein Pentagon-Berater gegenüber dem KURIER. Mehr als 60 Staats- und Regierungschefs plus Außen- und Verteidigungsminister hat Obama eingeladen, darunter auch 13 Länder des NATO-Programmes "Partnerschaft für den Frieden". Österreich gehört zu diesen ausgewählten Ländern, weil es sich mit rund 1500 Soldaten engagiert an internationalen Friedensmissionen beteiligt. Bundeskanzler Werner Faymann, Verteidigungsminister Norbert Darabos und Staatssekretär Wolfgang Waldner nehmen an dem Treffen teil.
Die großen Themen des Gipfels sind der Abzug der internationalen Kampftruppen nach mehr als zehn Jahren Krieg in Afghanistan, die Kosten des Aufbaus eigenständiger afghanischer Streitkräfte, die Raketenabwehr in Europa und der damit verbundene Streit mit Russland. Es geht aber auch um die Finanznöte sowie den Zwang zu engerer Zusammenarbeit bei Rüstungsprojekten mit den NATO-Partnern.
Abzug vorverlegt
2014 sollte der Kampfeinsatz der ISAF-Truppen in Afghanistan enden. Frankreich, Polen und Australien ziehen ihre Truppen schon früher ab. Die Aufregung um das Wahlversprechen von Staatspräsident Francois Hollande, die französischen Soldaten Ende 2012 zurückzuholen, spielte in Chicago keine Rolle. Paris hat zugesichert, den Abzug mit Ausbildungsleistungen zu kompensieren. Eine NATO-Ausbildungsmission für afghanische Soldaten und Polizisten wird nach 2014 im Land verbleiben. 4,1 Milliarden Euro kostet der Aufbau afghanischer Sicherheitssysteme, Österreich zahlt dafür 18 Millionen Euro. Bundeskanzler Faymann wird heute, Montag, eine Erklärung mitunterzeichnen, wonach die NATO-Partner den Aufbau der afghanischen Exekutive, staatlicher Institutionen sowie die Förderung von Frauen unterstützen.
Auf Drängen Washingtons sollen sich alle Mitglieder der Allianz zum US-Raketenabwehrprogramm bekennen, das bis 2020 ausgebaut sein soll. Für die Europäer bedeutet das finanzielle Verpflichtungen und einen weiteren Verlust an militärischer und technologischer Autonomie. Russland lehnt den Raketenschild strikt ab, die NATO drängt darauf, um Europa vor Nuklearwaffen und Angriffen von Mittelstreckenraketen aus Staaten wie dem Iran zu schützen.
Teure Rüstungsprojekte
Die Zukunft der NATO soll ein neues Verteidigungspaket bilden, das den Namen "NATO 2020" trägt. Dahinter steckt das Konzept einer "neuen Kultur der Zusammenarbeit von NATO-Mitgliedern und Partnerländern", wie es NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen ausdrückte.
Dazu gehört die Finanzierung großer Rüstungsprojekte, die sich einzelne Staaten kaum noch leisten können, wie etwa die Bodenüberwachung durch ein System von unbemannten Flugzeugen in großer Höhe. Bundeskanzler Faymann wird in einer Wortmeldung heute, Montag, verlangen, dass Österreich und andere Nicht-NATO-Staaten weiter eingebunden und gleichberechtigt informiert werden müssen.
Hinter der Strategie "NATO 2020" steht aber auch die Angst der USA, die Europäer seien immer weniger bereit, ins Bündnis zu investieren. Europa trägt heute nur zu 20 Prozent der NATO-Militärausgaben bei.
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