Politik

"Faschingsbeitrag der Regierungsspitzen"

Zehn Prozent weniger Nationalrats- und Bundesratsabgeordnete – das hat die Regierung dem Hohen Haus verordnet. Hinter den Kulissen ärgern sich Mandatare von Rot und Schwarz seit Tagen über diesen Plan. Jetzt äußern die Ersten ihren Unmut öffentlich.

„Das ist der Faschingsbeitrag der Regierungsspitzen“, sagt ÖVP-Nationalratsabgeordneter Ferry Maier zum KURIER: „Es ist peinlich, auf so eine Idee zu kommen, die nichts bringt. Wenn wir die Diskussion so weiterführen, wird der Zeitpunkt kommen, wo wir Eintritt zahlen müssen, um bei einer Abstimmung dabei sein zu dürfen.“ Zudem hätten die Koalitionsspitzen „eine Rechnung gemacht, die sie nichts angeht. Das ist Sache des Parlaments. Sie bringen nichts weiter und versuchen, mit populistischen Vorschlägen davon abzulenken. Es wäre gescheiter, man investiert die Zeit in ein minderheitenfreundliches Mehrheitswahlrecht.“

Bürgernähe leidet

Auch VP-Mandatar Erwin Rasinger „gefällt dieser Vorschlag überhaupt nicht, wenn man ihn im Hinblick auf die Bürgernähe und die Arbeitsqualität betrachtet“. Beides würde leiden. „Die Arbeit hat sich dramatisch vermehrt. Ich muss pro Tag bis zu 100 eMails beantworten – Interventionen, Termin-, Bürgeranfragen.“ Und es gebe „jede Menge Ausschüsse. Allein der jetzige U-Ausschuss bindet einen ganzen Klub.“ Deutsche Parlamentarier-Kollegen hätten bis zu fünf Mitarbeiter statt wie hierzulande nur einen.

Wird Rasinger einem entsprechenden Gesetz zustimmen? „Wenn das eine reine Reduktion ohne Begleitmaßnahmen ist, kann ich mir das nicht vorstellen.“

Rasingers Sparvorschlag: „Wenn es nur ums Geld geht und man Signale setzen will, dann wäre es besser, eine weitere Nulllohnrunde für Politiker zu machen, statt eine demokratische Institution zurückzufahren.“

Mit der Oberösterreicherin Sonja Ablinger meldet erstmals auch eine SPÖ-Abgeordnete Protest an: „Ich war von diesem Vorhaben der Regierung überrascht. Darüber wurde in keinem Gremium diskutiert.“ Die Zahl der Mandatare zu reduzieren, findet sie „nicht so toll. Die Arbeit wird ja immer mehr, man denke nur an die Europapolitik. Wenn es weniger Mandatare gibt, wird das noch komplexer für den Einzelnen.“

An eine Verkleinerung des Bundesrats glaubt auch der Bundespräsident nicht. Dafür fehle der Regierung die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit, sagt er in den OÖN .

Die Reduktion des Nationalrats gehe zwar mit einfacher Mehrheit, sei aber primär Sache des Parlaments. Heinz Fischer glaubt aber „dass der Gedanke, Opferbereitschaft zu zeigen, zu einem Ergebnis führen wird“.

Dem Ex-VP-Nationalratspräsidenten Andreas Khol missfällt dieser Sparplan generell: „Die bloße Reduktion der Abgeordneten löst die Demokratieprobleme nicht. Und die Kostenersparnis ist gering. Ohne eine grundlegende Wahlrechtsreform ist die Reduktion nicht zielführend.“ Nicht so nobel formuliert ein anderer, einstiger Parlamentarier seine Kritik: „Was die Regierung mit dem Hohen Haus vorhat, ist populistischer Scheiß.“

Mehr zum Thema

  • Hauptartikel

  • Hintergrund

  • Hintergrund