Die meisten Tiere sind keine Vegetarier
Von Hedwig Derka
Ein schlanker Hollywood-Star wirbt derzeit üppig für Bio-Gulasch auf Sojabasis, Putenstreifen aus Tofu und Bratwurst ohne Wurst. Am Freitag startet Österreichs erste Messe für fleischlosen Genuss: "Veggie-Planet" in Salzburg lockt mit veganer Hochzeitstorte – dreistöckig – und Döner, das Lamm noch nie gesehen hat. Obst und Gemüse in aller Munde, Getreide, Hülsenfrüchte auf feinem Porzellan wie stoßfestem Geschirr. Keine Frage: Vegetarische Kost ist gesellschaftsfähig geworden. Doch soll sie auch in den Futternapf?
"Vegetarische und vegane Ernährung von ausgewachsenen Heimtieren ist theoretisch möglich. Die Praxis schaut allerdings anders aus. Unsere Zoodocs sehen, dass diese Tiere immer gesundheitliche Probleme haben", sagt KURIER-Tiercoach Dagmar Schratter. Die Direktorin des Tiergarten Schönbrunn erklärt, warum Katze, Hund und viele Kleintiere nicht nur mit Körnern, Grünzeug & Co auskommen. Und warum die Gabe von künstlichen Zusatzstoffen durch Arzt oder Apothekerin so schwierig ist.
Fleisch ist ein wichtiger Nährstofflieferant. Sein Eiweiß bringt Kraft und enthält Aminosäuren, die für den Stoffwechsel unentbehrlich sind. Sein Kalzium stärkt Knochen und Zähne, Phosphor versorgt die Zellen mit Energie. Sein Vitamin D und der B12-Komplex tragen zur Zellteilung und Blutbildung bei, das Nervensystem kann ohne nicht sein. "Wer kein Fleisch füttert, muss ganz viel Chemie geben. Sonst kommt es zu schwerwiegenden Mangelerscheinungen", sagt die Expertin. Zu wenig Eisen zum Beispiel führt zu Anämie, eine Unterversorgung mit Zink schwächt das Immunsystem. Das lebensnotwendige Vitamin B12 können Tiere selbst gar nicht produzieren. "Prinzipiell lässt sich künstlich Ausgleich schaffen, doch dabei passieren meist gravierende Fütterungsfehler", sagt der KURIER-Tiercoach. Gesundheitliche Schäden sind die Folge. Das zu verhindern, hilft ein vom Arzt erarbeiteter Veggie-Speiseplan, angereichert mit meist teuren Arzneien. Das Menü muss penibel eingehalten und immer wieder überprüft werden. Der Aufwand ist nicht jedermanns Sache.
Hunde sind geborene Allesfresser, sie verschlingen großteils pflanzliche Nahrung, können aber auf Fleisch und Knorpel nicht verzichten. "Eine fleischlose Ernährung der Vierbeiner wäre nicht artgemäß, Veganismus lehne ich gänzlich ab", sagt Schratter. Vor allem Welpen, Hunde im Wachstum, Zuchthündinnen und Leistungshunde, die z. B. Schlitten ziehen, brauchen das tierische Eiweiß, Vitamine und Mineralstoffe.
Qual
Auch Katzen, von Natur aus reine Fleischfresser, leiden unter einer Ernährung mit synthetischen Ersatzstoffen. "Stubentiger vegan zu halten, ist ein absolutes No-go, das ist Tierquälerei. Sie vegetarisch zu ernähren, ist überaus aufwendig", sagt die Expertin. Fütterungsfehler sind vorprogrammiert.
Mischköstler wie Maus und Ratte kommen ebenfalls nicht um Fleisch im Napf herum. In freier Wildbahn bevorzugen die Nager zwar pflanzliche Kost, doch hin und wieder schätzen sie mehr proteinhaltige Abwechslung zu den weniger proteinhaltigen Körnern.
Selbst Vogelkinder, von Säugetieren weit entfernt, müssen bei der Aufzucht mit tierischem Eiweiß versorgt werden. Für Wellensittich und Kanarie im Wachstum ist diese Pflicht sogar im Tierschutzgesetz festgeschrieben.
"Kaninchen und Meerschweinchen sind Veganer, auch wenn sie kurz mit Muttermilch versorgt werden. Da kann man bei rein pflanzlicher Ernährung nichts falsch machen", sagt der Tiercoach: "Diese Kleintiere können auch von überzeugten Vegetariern bedenkenlos artgemäß gehalten werden."
Individueller Menüplan hält Vierbeiner fit
Die Ernährung von Heimtieren muss artgemäß und individuell angepasst sein", sagt KURIER-Tiercoach Dagmar Schratter. Wer seinen Schützling gesund halten will, achtet auf die richtige Futtermenge und -zusammensetzung.
So können Fütterungsfehler bei Katze und Hund vermeiden werden:
Mischung Die richtige Zusammensetzung der lebenswichtigen Nährstoffe hängt von der Größe des Vierbeiners ab, von körperlichen Faktoren und dem Gesundheitszustand. "Fertignahrung gibt es in hochwertigen Angeboten. Das ist sehr sinnvoll, da sich der Bedarf des Tieres im Laufe des Lebens immer wieder ändert", sagt die Expertin. Mit Alleinfutter sind Heimtierhalter auf der sicheren Seite.
Futterwechsel Hunde und Katzen sind Gewohnheitstiere. Mahlzeiten müssen ausgewogen sein, Abwechslung dagegen ist nicht notwendig. Eine abrupte Futterumstellung kann schwere Verdauungsprobleme verursachen.
Rituale Jungtiere bekommen ihr Futter drei Mal am Tag, ausgewachsene Tiere fressen leichter verdaubar zwei Mal täglich. Fixe Fütterzeiten schaffen Vertrauen. Frisches Wasser sollte stets bereitstehen. Jedes Tier hat einen eigenen, sauberen Napf an einem ruhigen Platz. Eine Pause nach der Nahrungsaufnahme tut jedem Haustier gut.
Gesundheit "Ist das Fell struppig und stumpf, hat der Vierbeiner Dauerdurchfall, muss er zum Tierarzt", sagt Schratter. Ernährungsfehler, Über- und Untergewicht machen Haustiere krank.