Politik

Bawag: Ein Richter sitzt auf der Reservebank

Da waren es nur noch acht. Von den im Juli 2008 in erster Instanz verurteilten neun Bawag-Angeklagten macht die Staatsanwaltschaft ab Mittwoch sieben noch einmal den Prozess: Allen voran dem aus den USA angereisten Investmentbanker Wolfgang Flöttl, der mit Billigung des Vorstandes 1,5 Milliarden Euro der Bawag verspekuliert hatte.

Dem rechtskräftig zu zehn Jahren Haft verurteilten, vorläufig haftuntauglichen Ex-Bawag-Chef und nächtlichem Eden-Bar-Tänzer Helmut Elsner wollte man die Neuauflage des Prozesses ersparen – oder auch sich selbst. Aber die Bawag möchte an Elsners Millionen-Abfertigung herankommen, und dazu braucht sie eine Verurteilung wegen Betruges. Dieser Schuldspruch war vom Obersten Gerichtshof – wie auch andere Teile des Ersturteils – aufgehoben worden. Die Bawag will es als Nebenklägerin noch einmal wissen und bringt Elsner mit einer Subsidiaranklage doch noch vor Gericht.

Ab dem vierten Verhandlungstag (2. Mai) bezieht Richter Christian Böhm den 76-Jährigen mit ein. Elsners Befangenheitsantrag gegen Böhm – weil dieser Richter mehrmals negativ über die Enthaftung des Ex-Bawag-Chefs entschieden hatte – wurde vom Oberlandesgericht rechtzeitig vor Prozessbeginn zurückgewiesen.

Premiere

Trotzdem sitzt, eine Premiere, während des gesamten Prozesses ein Ersatzrichter auf der Reservebank. Stefan Erdei soll nahtlos den Vorsitz übernehmen können, falls der Kollege Böhm zum Beispiel krank wird. Eine dritte Prozesswiederholung will sich die Justiz möglichst ersparen.

Apropos krank: Spekulant Flöttl hat bereits seine Sorge vor Ansteckung kundgetan, wenn er im Gerichtssaal neben Elsner Platz nehmen muss. Elsner leidet offenbar an Tbc, was aber keine Verhandlungsunfähigkeit begründet, auch soll es keine Übertragungsgefahr geben. Aktuell wird im Spital ein neuer Befund erhoben.

Um den neuen Prozess herumkommen wird einzig Elsners Nachfolger Johann Zwettler. Die rechtskräftigen fünf Jahre Haft für den ebenfalls bis auf Weiteres Vollzugs­untauglichen sind der Staatsanwaltschaft ausreichend, auch sonst will niemand Zwettler auf der Anklagebank sitzen sehen. Er ist lediglich als Zeuge vorgesehen.