Kneissl in Rom: Zwischen Migration und Doppelpass
Nach Bratislava führte die zweite Auslandsreise der neuen Außenministerin Karin Kneissl nach Rom: Mit einem Frühstück in der vatikanischen Botschaft in Rom begann der Besuch am Dienstag. Bei Cappuccino, Cornetto und Orangenmarmelade stellte sich Kneissl den Journalisten-Fragen. Dann wartete ein dichtes Tagesprogramm. Zu Mittag traf Kneissl den "Außenminister" des Vatikans, Bischof Peter Gallagher, zu einem Gespräch.
Gleichklang mit Rom
Heikle Themen standen bei der Zusammenkunft mit dem italienischen Außenminister Angelino Alfano auf der Agenda. Die Doppelstaatsbürgerschaft hat Kneissl "aktiv ins Gespräch eingebracht". Dabei geht es um die Wiedererlangung der österreichischen Staatsbürgerschaft für deutschsprachige Südtiroler. Die Außenministerin versicherte erneut, dass alles im Gleichklang zwischen Rom, Bozen und Wien abgesprochen werden soll. Vorab sei aber noch ein "langer rechtstechnischer Weg" erforderlich, so Kneissl.
In Rom sieht man das Thema der Doppelstaatsbürgerschaft gelassener, nachdem Wien eine einvernehmliche Lösung beider Länder zugesichert hat. Alfano beruft sich auf das "Gruber De Gasperi Abkommen" aus dem Jahr 1946 als Grundlage der Südtiroler Autonomie. Den Vorschlag des Südtiroler Landeshauptmanns Arno Kompatscher, nicht nur den deutsch- und ladinischsprachigen, sondern allen Südtirolern die Staatsbürgerschaft anzubieten, wollte die Außenministerin nicht kommentieren.
Weitere heiße Eisen der Gespräche waren die Themen Sicherheit und Migration. Alfano hob auch den Brennerbasistunnel hervor. Dank des längsten Tunnels der Welt werden Italien und Österreich noch enger zusammenrücken. Die Grenzsicherung am Brenner funktioniert, wie Kneissl betont, dank der Zusammenarbeit der österreichischen und italienischen Polizei sehr gut. Wer mit dem Zug über die Grenze nach Italien fährt, kann bezeugen, dass tagsüber und in Nachtzügen massiv kontrolliert wird. Auf die Frage, ob die türkis-blaue Regierung plane, Panzer an die Brennergrenze zu schicken, sagte Kneissl, derzeit sei keine Verstärkung der Grenze geplant und notwendig.
Italien fühlt sich in der Flüchtlingsfrage von Europa im Stich gelassen. Doch eine Zusage Österreichs, den südlichen Nachbarn zu unterstützen, hatte Kneissl nicht im Gepäck. Bei dem EU- Relocation-Programm zur Umverteilung von Flüchtlingen ist Österreich europaweit Schlusslicht. Beide waren sich einig, dass das Thema in Brüssel und nicht bilateral diskutiert werden müsse.
Libyen-Frage
"Das Problem ist, derzeit kommen nur die Stärksten durch", sagte Kneissl. Vor Weihnachten eröffnete die italienische Regierung einen humanitären Korridor und flog von Libyens Hauptstadt Tripolis 180 afrikanische Flüchtlinge nach Rom. Heuer sollen laut dem italienischen Innenminister Marco Minniti 10.000 Flüchtlinge sicher nach Italien einreisen.Ob humanitäre Korridore auch für Österreich denkbar wären, wollte Kneissl in Rom nicht beantworten.
Alfano betonte, dass Wien den Beitrag für den europäischen Afrika-Trustfond auf sechs Mio. Euro verdoppelt habe. Kneissl wiederum lobte "Italiens Einsatz zur Stabilisierung der Lage in Nordafrika".