Politik/Ausland

Wilde Spekulationen um den Tod Jassir Arafats

War es einer von vielen Coups des israelischen Geheimdienstes und dann wohl der spektakulärste? Oder war es eine innerpalästinensische Fehde? Wer hatte überhaupt ein Interesse, den damals 75-jährigen Palästinenserpräsidenten Yassir Arafat aus dem Weg zu räumen? Und war es überhaupt Mord?

Um diese Fragen kreisten die Spekulationen und Reaktionen am Tag nach der Enthüllung Al Jazeeras, dass ein Schweizer Medizinerteam in der exhumierten Leiche des palästinensischen Ex-Terroristen und Friedensnobelpreisträgers Spuren des Giftes Polonium 210 gefunden hatte, und zwar in 18-fach höherer Konzentration als normal. Andere Untersuchungen stehen noch aus.

Israel wies alle Verdächtigungen zurück. Es gebe „keinerlei Verbindung“ zu Arafats Tod vor neun Jahren, sagte Außenamtssprecher Yigal Palmor in Jerusalem. Die Mordtheorie habe „mehr Löcher als ein Schweizer Käse“ und sei unseriös. Die Experten hätten weder die früheren Arbeitsräume Arafats in Ramallah auf die radioaktive Substanz untersucht noch das französische Militärhospital, in dem Arafat einen Monat nach Beginn seiner Erkrankung gestorben war.

Auch Vertraute des damaligen Ministerpräsidenten Ariel Sharon, der Arafat stets als „Terroristen“ und „unseren Bin Laden“ bezeichnet und ihm indirekt die Tötung angedroht hatte, wiesen jede Verantwortung Israels zurück. Es habe im Büro des Regierungschefs „keinerlei Absicht gegeben, Arafat zu vergiften oder ihm Schaden zuzufügen“, sagte Sharons ehemaliger Kanzleichef Dov Weisslass. Und Sharons Berater Raanan Gissin sprach von einem möglichen innerpalästinensischen Machtkampf als Hintergrund für Arafats Tod. Mit seinem autoritären Führungsstil hatte sich Arafat, der einmal einen Minister ohrfeigte, tatsächlich nicht nur Freunde gemacht; mit der Korruption unter seiner Führung auch nicht.

Ruf nach Untersuchungskommission

Für die Palästinenser indes ist die Sache klar: „Arafat wurde mit Polonium vergiftet – und diese Substanz wird von Staaten besessen, nicht von Einzelpersonen“, sagte Wasel Abu Yussef von der PLO und meint damit Israel. Er forderte die Einsetzung einer internationalen Untersuchungskommission. Arafats Witwe Suha hatte schon Tags zuvor vom „Verbrechen des Jahrhunderts“ gesprochen.

Ob Arafat tatsächlich vergiftet worden ist, das wurde aus der offiziellen Stellungnahme der Schweizer Mediziner gestern auch nicht klarer: Sie wollten weder bestätigen noch ausschließen, dass Arafat mit Polonium getötet wurde – allerdings unterstützten die Untersuchungsergebnisse nachvollziehbar die Theorie einer Vergiftung, hieß es.

Stationen in Arafats Leben: