Politik/Ausland

Weltweit wächst die Angst vor islamistischem Terror

Verstärkte Polizeipräsenz in den U-Bahnstationen in New York, erhöhte Sicherheitsmaßnahmen auf öffentlichen Plätzen in Frankreich, verdoppelte Security auf dem Petersplatz in Rom – und zugleich die Meldung von verhafteten Terrorverdächtigen in Großbritannien und der spanischen Nordafrika-Exklave Melilla: Die wachsende Angst vor Terroranschlägen durch Dschihadisten des „Islamischen Staates“ in Europa und den USA ist deutlich spürbar.

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Erhöht wird sie durch Aussagen wie jener des Anti-Terror-Koordinators der EU, Gilles de Kerchove (Bild): Die Zahl der EU-Bürger, die in Syrien und im Irak aufseiten des „Islamischen Staates“ kämpfen oder gekämpft haben, sei von 2000 zu Jahresbeginn auf 3000 gestiegen, sagte er am Freitag. Und die Luftschläge der USA und deren Verbündeter erhöhe die Gefahr islamistischer Angriffe auf europäische Ziele. Zudem könnten rivalisierende Gruppen wie die El Kaida sich zu neuen Verbrechen veranlasst sehen, „um zu zeigen, dass sie nach wie vor von Bedeutung sind“.

Papst im Visier?

Auch der italienische Innenminister Angelino Alfano hat Ende der Woche erklärt, dass die Gefahr terroristischer Anschläge im Land „ernst“ sei und die Sicherheitsmaßnahmen erhöht würden. In Italien fürchtet man, dass sich Terroristen unter die Flüchtlinge mischen könnten, die täglich in Süditalien landen.

Dass die Sicherheitsvorkehrungen im Vatikan verschärft worden sind, geht auf eine Warnung des irakischen Botschafters beim Heiligen Stuhl zurück, wonach der IS den Papst im Visier habe – „ein Anschlag würde für IS sehr medienwirksam sein“.

Donnerstagabend hatte Iraks Ministerpräsident Haider al-Abadi für zusätzliche Beunruhigung gesorgt, als er am Rande der UNO-Vollversammlung in New York von IS-Attentatsplänen auf U-Bahnen in den USA und Frankreich berichtete. Der Irak habe „glaubwürdige Geheimdienstinformationen“, basierend auf Angaben von in Bagdad festgenommenen IS-Vertretern.

Offiziell reagierten Washington und Paris zurückhaltend: „Wir können diese Hinweise nicht bestätigen. Wir müssen solche Informationen ... erst überprüfen, bevor wir weitere Schritte unternehmen“, sagte Caitlin Hayden, Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrates der USA.

Auch aus französischen Sicherheitskreisen verlautete, dass keine Erkenntnisse vorlägen, die Abadis Behauptung untermauerten. Allerdings wurden die Sicherheitsvorkehrungen nach der Enthauptung eines Franzosen in Algerien aus Sorge um IS-Attacken schon erhöht.

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In Großbritannien sind am Freitag auf der Autobahn M6 zwei weitere Terrorverdächtige festgenommen worden. Schon Donnerstag waren der Polizei bei einer Razzia gegen mutmaßliche islamistische Terroristen neun Männer ins Netz gegangen. Spanien meldete die Verhaftung von neun terrorverdächtigen Islamisten in der Exklave Melilla und der nahen marokkanischen Stadt Nador.

"Lageadäquat"

In Österreich gebe es „aktuell keine Information auf konkrete Gefährdungen“, hieß es gestern aus dem Innenministerium auf Anfrage des KURIER. Die Informationslage werde täglich aktualisiert, die Überwachung sei wie immer „lageadäquat“, und es gebe eine „erhöhte Aufmerksamkeit des Verfassungsschutzes“.

Ein ehemaliger Dschihadist erzählt über seine Vergangenheit.

Mit der Eroberung der ostsyrischen Stadt Deir al-Sor ist den Terrormilizen des Islamischen Staates eine gewaltige Geldquelle in die Hände gefallen. Die Ölfelder und Anlagen waren das Zentrum der syrischen Ölindustrie. Jetzt holt und verkauft hier der IS das schwarze Gold. Über alte Schmuggelwege wird das Öl transportiert und jedem verkauft, der dafür zahlt. Zusammen mit einem weiteren Dutzend eroberter Ölanlagen scheffelt die Terroreinheit täglich umgerechnet mehr als 1,5 Millionen Dollar.

Damit soll nun Schluss sein: Seit drei Tagen fliegen die USA und mehrere verbündete arabische Staaten massive Luftangriffe gegen die IS-Ölanlagen in Syrien. Freitag Früh wurden abermals die Anlagen von Deir al-Sor bombardiert. Auf diesem Weg soll der IS von seiner wichtigsten Einnahmequelle abgeschnitten werden. Über Schäden an den Anlagen wurde bisher noch nichts bekannt, mindestens 20 Menschen sollen jedoch bei den Attacken ums Leben gekommen sein.

Flucht der Kurden

Auch im Norden Syriens flogen US-Kampfflugzeuge am Freitag Angriffe gegen vorrückende IS-Milizen. Dort versucht der IS gerade, zwei von ihm kontrollierte Gebiete zu verbinden – und dafür die überwiegend von Kurden bewohnte Stadt Kobani an der Grenze zu erobern. Über hunderttausend Menschen waren deshalb in den vergangenen Tagen in Panik vor den Dschihadisten geflohen. Sie retteten sich praktisch über Nacht über die Grenze in die Türkei. Die Türkei hat damit in den vergangenen drei Tagen mehr Flüchtlinge aus Syrien aufgenommen als die europäischen Staaten zusammen in den drei Jahren seit Beginn des Bürgerkrieges.

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Auch gegen IS-Stellungen im Irak werden die Angriffe fortgesetzt. Daran könnten sich demnächst auch dänische und britische Kampfflugzeuge beteiligen. Das Parlament in London gab Freitagabend mit großer Mehrheit grünes Licht für Luftangriffe. Dänemarks Ministerpräsidentin Helle Thorning-Schmidt sagte, Dänemark werde sieben F16-Kampfflugzeuge zur Verfügung stellen. Außerdem sollen dänische Soldaten im Irak helfen, Iraker und Kurden zu beraten und für den Kampf auszubilden. Der Einsatz sei zunächst auf ein Jahr begrenzt. Nächste Woche soll das dänische Parlament die Entsendung beschließen.

Erste Erfolge erzielten Ermittler des FBI auf der Suche nach jenem Dschihadisten, der vor laufender Kamera zwei US-Journalisten enthauptet hatte. Die Identität des Mannes sei geklärt, hieß es aus Washington. Es soll sich, wie länger vermutet, um einen Mann aus London handeln. Genauere Angaben wollte das FBI nicht machen.
Ingrid Steiner-Gashi

Sie lächelt, hat den Daumen erhoben: Die Vereinigten Arabischen Emirate haben sich jetzt ein weibliches Gesicht verpasst, um ihren Feldzug gegen die Terrormiliz IS zu propagieren. Mariam al-Mansuri ist auf Werbeplakaten zu sehen, ihre Geschichte wird auf Twitter und Facebook verbreitet – schließlich ist sie die erste Kampf-Pilotin des konservativ-islamischen Landes.

Die Luftangriffe, die die Emirate jetzt in Kooperation mit der Anti-IS-Allianz in Syrien geflogen sind, hat sie angeführt. Für die frauenverachtenden Terroristen sei das „der schlimmste Alptraum“, wie auchCNN ihren Einsatz kommentiert. Al-Mansuri sei hoch qualifiziert und bestens ausgebildet, sagte der Botschafter der Emirate in Washington, Jussif al-Oteiba, dem US-SenderMSNBC.

Ein Prinz und „Lady Liberty“

Neben Al-Mansuri ist noch ein zweites bekanntes Gesicht im Einsatz: Chalid Bin Salman, der Sohn des saudischen Kronprinz Salman Bin Abd al-Asis. Er steuert einen Jagdbomber vom Typ "Tornado" IDS, eines von vier Kampfflugzeugen, die am internationalen Einsatz gegen den "Islamischen Staat" beteiligt sind. Damit will auch Saudi-Arabien Distanz zu den IS-Terroristen schaffen.

Der Einsatz der 35-jährigen Al-Mansuri sorgt für großes Aufsehen. In den in den sozialen Medien wird sie als „Lady Liberty“ gefeiert. Auch die Piloten eines US-Tankflugzeuges zeigten sich erstaunt. Als sie mit dem Flugzeug der Emirate das erste Mal Kontakt aufnahmen und unerwartet eine weibliche Stimme hörten, verschlug es ihnen die Sprache. „Sie haben 20 Sekunden nichts gesagt“, erzählte der Botschafter der Emirate.

Pilotin mit Kopftuch

Die Pilotin kommt nach Angaben der emiratischen Zeitung „The National“ aus Abu Dhabi, einem der sieben Emirate des Golfstaates, wo die meisten Frauen Kopftuch tragen - so auch al-Mansuri. Sie träumte schon als Teenager davon, Pilotin zu werden, machte aber zunächst einen Abschluss in englischer Literatur. Als ihr Heimatland schließlich Frauen im Cockpit von Kampfjets zuließ, wurde sie die erste Pilotin der emiratischen Luftwaffe.

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Dem US-SenderCNN erzählte die 35-Jährige vor einigen Monaten, jeder sei verantwortlich, sein Land zu verteidigen - egal ob Mann oder Frau. „Wenn die Zeit gekommen ist, wird jeder mitmachen“, sagte sie. „Niemand wird zögern, sein Land zu verteidigen.“

Tötungsaufruf

Die Emirate und vier andere arabische Staaten greifen seit Anfang der Woche gemeinsamen mit der US-Luftwaffe Stellungen der IS-Terrormiliz in Syrien an. Die Dschihadisten reagierten umgehend: Sie rufen nun dazu auf, Prinz Chalid und seine Kameraden zu töten, weil sie sich an Seiten der USA am Krieg gegen den IS beteiligten.