Weltweit wächst die Angst vor islamistischem Terror
Von Andreas Schwarz
Verstärkte Polizeipräsenz in den U-Bahnstationen in New York, erhöhte Sicherheitsmaßnahmen auf öffentlichen Plätzen in Frankreich, verdoppelte Security auf dem Petersplatz in Rom – und zugleich die Meldung von verhafteten Terrorverdächtigen in Großbritannien und der spanischen Nordafrika-Exklave Melilla: Die wachsende Angst vor Terroranschlägen durch Dschihadisten des „Islamischen Staates“ in Europa und den USA ist deutlich spürbar.
Papst im Visier?
Auch der italienische Innenminister Angelino Alfano hat Ende der Woche erklärt, dass die Gefahr terroristischer Anschläge im Land „ernst“ sei und die Sicherheitsmaßnahmen erhöht würden. In Italien fürchtet man, dass sich Terroristen unter die Flüchtlinge mischen könnten, die täglich in Süditalien landen.
Dass die Sicherheitsvorkehrungen im Vatikan verschärft worden sind, geht auf eine Warnung des irakischen Botschafters beim Heiligen Stuhl zurück, wonach der IS den Papst im Visier habe – „ein Anschlag würde für IS sehr medienwirksam sein“.
Donnerstagabend hatte Iraks Ministerpräsident Haider al-Abadi für zusätzliche Beunruhigung gesorgt, als er am Rande der UNO-Vollversammlung in New York von IS-Attentatsplänen auf U-Bahnen in den USA und Frankreich berichtete. Der Irak habe „glaubwürdige Geheimdienstinformationen“, basierend auf Angaben von in Bagdad festgenommenen IS-Vertretern.
Offiziell reagierten Washington und Paris zurückhaltend: „Wir können diese Hinweise nicht bestätigen. Wir müssen solche Informationen ... erst überprüfen, bevor wir weitere Schritte unternehmen“, sagte Caitlin Hayden, Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrates der USA.
Auch aus französischen Sicherheitskreisen verlautete, dass keine Erkenntnisse vorlägen, die Abadis Behauptung untermauerten. Allerdings wurden die Sicherheitsvorkehrungen nach der Enthauptung eines Franzosen in Algerien aus Sorge um IS-Attacken schon erhöht.
"Lageadäquat"
In Österreich gebe es „aktuell keine Information auf konkrete Gefährdungen“, hieß es gestern aus dem Innenministerium auf Anfrage des KURIER. Die Informationslage werde täglich aktualisiert, die Überwachung sei wie immer „lageadäquat“, und es gebe eine „erhöhte Aufmerksamkeit des Verfassungsschutzes“.
Ein ehemaliger Dschihadist erzählt über seine Vergangenheit.
Mit der Eroberung der ostsyrischen Stadt Deir al-Sor ist den Terrormilizen des Islamischen Staates eine gewaltige Geldquelle in die Hände gefallen. Die Ölfelder und Anlagen waren das Zentrum der syrischen Ölindustrie. Jetzt holt und verkauft hier der IS das schwarze Gold. Über alte Schmuggelwege wird das Öl transportiert und jedem verkauft, der dafür zahlt. Zusammen mit einem weiteren Dutzend eroberter Ölanlagen scheffelt die Terroreinheit täglich umgerechnet mehr als 1,5 Millionen Dollar.
Damit soll nun Schluss sein: Seit drei Tagen fliegen die USA und mehrere verbündete arabische Staaten massive Luftangriffe gegen die IS-Ölanlagen in Syrien. Freitag Früh wurden abermals die Anlagen von Deir al-Sor bombardiert. Auf diesem Weg soll der IS von seiner wichtigsten Einnahmequelle abgeschnitten werden. Über Schäden an den Anlagen wurde bisher noch nichts bekannt, mindestens 20 Menschen sollen jedoch bei den Attacken ums Leben gekommen sein.
Flucht der Kurden
Auch im Norden Syriens flogen US-Kampfflugzeuge am Freitag Angriffe gegen vorrückende IS-Milizen. Dort versucht der IS gerade, zwei von ihm kontrollierte Gebiete zu verbinden – und dafür die überwiegend von Kurden bewohnte Stadt Kobani an der Grenze zu erobern. Über hunderttausend Menschen waren deshalb in den vergangenen Tagen in Panik vor den Dschihadisten geflohen. Sie retteten sich praktisch über Nacht über die Grenze in die Türkei. Die Türkei hat damit in den vergangenen drei Tagen mehr Flüchtlinge aus Syrien aufgenommen als die europäischen Staaten zusammen in den drei Jahren seit Beginn des Bürgerkrieges.
Erste Erfolge erzielten Ermittler des FBI auf der Suche nach jenem Dschihadisten, der vor laufender Kamera zwei US-Journalisten enthauptet hatte. Die Identität des Mannes sei geklärt, hieß es aus Washington. Es soll sich, wie länger vermutet, um einen Mann aus London handeln. Genauere Angaben wollte das FBI nicht machen.
Ingrid Steiner-Gashi
Sie lächelt, hat den Daumen erhoben: Die Vereinigten Arabischen Emirate haben sich jetzt ein weibliches Gesicht verpasst, um ihren Feldzug gegen die Terrormiliz IS zu propagieren. Mariam al-Mansuri ist auf Werbeplakaten zu sehen, ihre Geschichte wird auf Twitter und Facebook verbreitet – schließlich ist sie die erste Kampf-Pilotin des konservativ-islamischen Landes.
Ein Prinz und „Lady Liberty“
Neben Al-Mansuri ist noch ein zweites bekanntes Gesicht im Einsatz: Chalid Bin Salman, der Sohn des saudischen Kronprinz Salman Bin Abd al-Asis. Er steuert einen Jagdbomber vom Typ "Tornado" IDS, eines von vier Kampfflugzeugen, die am internationalen Einsatz gegen den "Islamischen Staat" beteiligt sind. Damit will auch Saudi-Arabien Distanz zu den IS-Terroristen schaffen.
Pilotin mit Kopftuch
Die Pilotin kommt nach Angaben der emiratischen Zeitung „The National“ aus Abu Dhabi, einem der sieben Emirate des Golfstaates, wo die meisten Frauen Kopftuch tragen - so auch al-Mansuri. Sie träumte schon als Teenager davon, Pilotin zu werden, machte aber zunächst einen Abschluss in englischer Literatur. Als ihr Heimatland schließlich Frauen im Cockpit von Kampfjets zuließ, wurde sie die erste Pilotin der emiratischen Luftwaffe.
Tötungsaufruf
Die Emirate und vier andere arabische Staaten greifen seit Anfang der Woche gemeinsamen mit der US-Luftwaffe Stellungen der IS-Terrormiliz in Syrien an. Die Dschihadisten reagierten umgehend: Sie rufen nun dazu auf, Prinz Chalid und seine Kameraden zu töten, weil sie sich an Seiten der USA am Krieg gegen den IS beteiligten.