Warschau stoppt Großteil von Putins Bikern
Wenn Polen als Land nicht nur theoretisch existieren will, dann darf man sie nicht durchlassen“, so der Oppositionspolitiker Krzysztof Szczerski am Montag im polnischen TV. Die Rede ist von den „Nachtwölfen“, den Kreml-nahen Motorradfans, denen Warschau am Freitag den Grenzübertritt verboten hatte. Allerdings ist gestern doch einigen russischen Rockern die Einreise gelungen.
Die Fahrt der Biker anlässlich des Sieges der Roten Armee über Nazi-Deutschland samt Kapitulation am 9. Mai 1945 nach Berlin beherrscht seit Tagen die Schlagzeilen. Denn Alexander Saldostanow, Chef der rund 5000 Rocker, gilt nicht nur als Vertrauter des russischen Präsidenten Wladimir Putin, er ist auch Anhänger Josef Stalins. Einige von Saldostanows Leuten waren bei den Kämpfen in der Ostukraine dabei. An der weißrussisch-polnischen Grenzstation Brest-Terespol herrschte am Montag daher ein großes Durcheinander.
Eine Gruppe von Bikern, die die Grenze passieren konnte, hatte erklärt, nicht zu den „Nachtwölfen“ zu gehören, sondern zur Gedenk-Vereinigung „Ehre und Sieg“. Doch zuvor gemachte Fotos in Weißrussland bestätigten die Zugehörigkeit zu der Motorrad-Gang, so das Portal der polnischen Zeitung Gazeta Wyborcza. Auch am Sonntag soll es bereits zu einzelnen Grenzübertritten vermutlicher Wölfe gekommen sein. Insgesamt zehn mutmaßlichen „Nachtwölfen“ wurde die Durchfahrt allerdings verwehrt. Auch Deutschland will sie nicht passieren lassen.
„Provokation“
„Eine Provokation der besonderen Art“, nannte Premierministerin Ewa Kopacz die Reise, bei der die russischen Biker in Polen, der Slowakei, in Tschechien und Österreich an sowjetischen Ehren-Denkmälern Station machen wollen. Hintergrund: Polen gilt als Anwalt einer Westanbindung der Ukraine und ist innerhalb der EU der deutlichste Kritiker von Moskaus Intervention im Osten des Landes. Doch die polnische Regierung wollte eine unmittelbare Eskalation um die Putin-Freunde in Lederkluft vermeiden. Die offizielle Begründung für die Verweigerung der Einreise: Mangelnde Informationen über die Reiseroute und Sicherheitsbedenken.
Die russischen Rocker hatten sich im Vorfeld um Entspannung bemüht: „Wir werden nichts tun, was gegen das Gesetz verstößt“, so Saldostanow. „Ihr Polen habt keinerlei Grundlage, uns wie Banditen zu behandeln.“
Zusammen mit den polnischen Motorradfahrern der „Katyn-Rallye“ hatten sie am Sonntag die Gedenkstätte Katyn in Westrussland besucht. Dort wurden 1940 Tausende polnische Beamte und Offiziere vom sowjetischen Geheimdienst erschossen. Die etwa 50 polnischen Biker setzen nun den Weg der teils verhinderten Motorrad-Kollegen fort. Die Route soll über Warschau nach Breslau (Wroclaw) führen, dort befindet sich ein sowjetischer Soldatenfriedhof, der an die verlustreiche Eroberung der Stadt erinnert.