Politik/Ausland/US-Wahl

Nach Trumps Sieg: Europas Rechtspopulisten mit Rückenwind

Donald Trump gewinnt die Präsidentschaftswahl in den USA - und rechte Parteien in Europa jubeln. Rechtspopulisten wie Marine Le Pen in Frankreich und Geert Wilders in den Niederlanden gehörten zu den ersten Gratulanten nach der Wahlnacht. Wird der Höhenflug der Rechtskonservativen in den USA auch den Rechten in Europa Auftrieb verleihen? Ein Blick auf die nächsten Wahlen:

Italien

Am 4. Dezember steht ein wichtiges Verfassungsreferendum über eine Parlamentsreform an. Von dessen Ausgang hängt auch die Zukunft von Ministerpräsident Matteo Renzi ab. Verliert der Sozialdemokrat die Abstimmung, will er zurücktreten. Wie es dann weitergeht, ist unklar: Parlamentswahlen hatte Renzi erst für 2018 angekündigt. Doch eine Regierungskrise könnte auch Neuwahlen auslösen. Die oppositionelle Protestbewegung Fünf Sterne, gegründet von Komiker Beppe Grillo, hat dabei gute Chancen. Auch die Rechtspopulisten von der Lega Nord fühlen sich bestärkt.

Österreich

Im dritten Anlauf wählen die Österreicher am 4. Dezember einen neuen Bundespräsidenten. In den Umfragen liegt der Kandidat der rechten FPÖ, Norbert Hofer, knapp vor dem ehemaligen Grünen-Chef Alexander Van der Bellen. "Die FPÖ wird versuchen, das als Rückenwind zu interpretieren", sagt der Politikwissenschaftler Peter Filzmaier. Die Partei ist mit rund 34 Prozent die in Umfragen weitaus stärkste Kraft in Österreich.

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Niederlande

In den Niederlanden wird am 15. März 2017 ein neues Parlament gewählt. Die Umfragen sagen dem Rechtspopulisten Geert Wilders große Gewinne vorher. Seine Partei für die Freiheit (PVV) könnte stärkste politische Kraft der Niederlande werden. Eine Koalition mit der PVV haben die etablierten Parteien aber bisher ausgeschlossen.

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Frankreich

Die rechtspopulistische Front National (FN) sieht sich nach Trumps Wahlsieg im Aufwind. Parteichefin Marine Le Pen hatte vor der Wahl gesagt, sie würde Trump wählen, wenn sie US-Amerikanerin wäre. Sie hat nach Schätzungen ein Potenzial von rund 30 Prozent der Stimmen bei der ersten Runde der französischen Präsidentschaftswahl am 23. April kommenden Jahres. Viele politische Kommentatoren vermuten deshalb, dass es Le Pen in die Stichwahl am 7. Mai schafft. Die Wahlen zur Nationalversammlung finden am 11. und 18. Juni statt.

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Deutschland

Die AfD geht davon aus, dass sie in einem Jahr als Oppositionspartei im Bundestag vertreten sein wird. Aktuell kommt sie in Umfragen bundesweit auf elf Prozent der Stimmen. Dass demnächst auch im Weißen Haus ein Mann mit rechtspopulistischen Ideen sitzen wird, ist da irrelevant. Das hält die Truppe um Jörg Meuthen und Frauke Petry aber nicht davon ab, Honig aus Trumps Wahlerfolg zu saugen. Den Vogel schoss am Mittwoch die Berliner AfD ab. Sie twitterte: "Wir sind Präsident!"

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Tschechien

Spätestens im Herbst 2017 wird ein neues tschechisches Parlament gewählt. Die liberal-populistische ANO-Partei des derzeitigen Finanzministers Andrej Babis würde nach der jüngsten Umfrage des Instituts TNS Aisa mit 34 Prozent stärkste Kraft.

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Rumänien

Am 11. Dezember finden Parlamentswahlen statt. Rechtspopulistische Parteien wie anderswo in Europa gibt es zwar, aber sie sind unbedeutend und haben bei Wahlen keine Chance. Hingegen sind rechtspopulistische Ideen parteiübergreifend weit verbreitet und werden vereinzelt von diversen Politikern vertreten.

Norwegen

Die nächste Parlamentswahl ist am 11. September 2017. Derzeit sitzen Rechtspopulisten gemeinsam mit Konservativen in der Regierung. Es ist nicht klar, ob die Koalition weiterregieren kann; in Umfragen liegen die Regierungsparteien derzeit ganz leicht unter dem Wahlergebnis von 2013. Ob der Trump-Sieg Auswirkungen auf die Wahl haben wird, lässt sich zu diesem Zeitpunkt nicht sagen.

Das Phänomen ist nicht neu. Wir haben es zuletzt beim Brexit-Votum erlebt, vor einigen deutschen Landtagswahlen und jetzt auch bei der US-Präsidentschaftswahl: Populistische Parteien und Kandidaten, die rechte Ideen vertreten, schneiden in den Wählerumfragen oft deutlich schlechter ab als hinterher bei der Abstimmung.

Die AfD wittert dahinter Methode. Sie behauptet, die Demoskopen seien schlicht nicht vertrauenswürdig. Und was sagen die Wissenschafter selbst?

Martin Kroh vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung weist darauf hin, dass das Ergebnis immer auch davon abhängt, wie gut es einer Partei oder einem Kandidaten gelingt, Menschen auf den letzten Metern zu mobilisieren, überhaupt zur Wahl zu gehen. Als Motivation kann da vielleicht auch ein Umfrageergebnis dienen, das den bevorzugten Kandidaten hinten sieht.

Nico Siegel, Geschäftsführer des Meinungsforschungsinstituts Infratest Dimap, betont: "Vorwahlerhebungen sind Stimmungsbilder und keine Prognosen." Habe ein Kandidat in einer Umfrage einen Vorsprung von zwei Prozent, sei das Rennen noch völlig offen.

Zu den Schwierigkeiten, mit denen sich die Wissenschafter vor allem bei Umfrageteilnehmern mit Hang zu radikalen oder unpopulären Meinungen konfrontiert sehen, gehört die "soziale Erwünschtheit". Darunter verstehen Meinungsforscher, dass jemand bei einer Befragung etwas sagt, dann aber etwas anderes tut, weil er nicht offen zu seiner Ansicht stehen will. Britische Wahlforscher nennen dieses Phänomen, dass sich Rechte weniger gerne outen, den "Tory-shy-away-Effekt". Kroh hat festgestellt: "Menschen, die extreme Ansichten vertreten, tendieren manchmal dazu, sich in neutrale Antworten zu flüchten. Sie antworten dann zum Beispiel: "Ich bin mir nicht sicher.""

Hinzu kommt: Menschen, die dem rechten Spektrum zuneigen, nehmen weniger gerne an Umfragen teil. Warum ist das so? Siegel sagt, Meinungsforscher würden von Anti-Establishment-Bewegungen wie der AfD oft mit der politischen Elite assoziiert. Deshalb sei zu vermuten, dass die Bereitschaft ihrer Anhänger zur Teilnahme an einer Umfrage etwas niedriger ist als in der Gesamtbevölkerung.

Um trotzdem valide Ergebnisse zu erhalten, feilt Infratest dimap an seinen Methoden. Um möglichst viel über Wähler aus dem rechten Spektrum zu erfahren, nutzt das Institut zusätzlich zu seinen telefonischen Erhebungen auch Online-Befragungen und persönlich-mündliche Erhebungen.

Bei den jüngsten deutschen Landtagswahlen in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin lagen die AfD-Ergebnisse der Umfragen schon deutlich näher am Wahlergebnis als bei den zurückliegenden Wahlen in Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt.

Matthias Jung von der Forschungsgruppe Wahlen in Mannheim räumt im Gespräch mit der "Heilbronner Stimme" (Donnerstag) ein: "Wir haben das AfD-Problem bei den Landtagswahlen im März, etwa in Baden-Württemberg, noch unterschätzt, weil wir nicht mit solchen Dunkelziffern gerechnet haben. Das haben wir korrigiert und bei den letzten Wahlen in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin richtig eingeschätzt".

Vom Wahlsieg Donald Trumps in den USA könnten auch rechtspopulistische Bewegungen in Europa profitieren. Das glaubt zumindest der deutsche Transatlantikexperte Thomas Risse. "Norbert Hofer, Marine Le Pen in Frankreich, die deutsche AfD oder die britische UKIP - das ist exakt das Gleiche und unterscheidet sich von Trump nur noch in Nuancen", sagte er am Mittwoch gegenüber der APA.

Der Erfolg populistischer Politiker sei "selbstverständlich nicht ein rein amerikanisches Phänomen", so Risse. "Auch in Europa werden Populisten weiteren Auftrieb gewinnen, wenn die etablierten Politiker nicht endlich aufwachen", betonte der Politikwissenschafter der Freien Uni Berlin.

"Das Wählerpotenzial, das Trump mobilisiert hat, ist dasselbe Wählerpotenzial, auf das europäische Rechtspopulisten zurückgreifen", erklärte Risse. Und auch was die verdrehte Darstellung von Fakten betreffe, gebe es Parallelen: "Zwischen dem Unsinn, den die UKIP in Großbritannien über die EU von sich gegeben hat und dem Unsinn, den Trump verbreitet, sehe ich keinen großen Unterschied."