Politik/Ausland

Luftangriffe richten in Jemen ein Massaker an

Bei verheerenden Luftangriffen auf eine Trauerfeier im Jemen sind nach Angaben der UNO mehr als 140 Menschen getötet worden. Über 525 weitere Menschen seien verletzt worden, teilte der UNO-Koordinator für humanitäre Hilfe im Jemen, Jamie McGoldrick, am Samstag mit.

Die Luftangriffe wurden offenbar von der von Saudi-Arabien angeführten Militärkoalition geflogen; die USA kündigten deshalb an, ihre Zusammenarbeit mit der Militärkoalition auf den Prüfstand zu stellen. Die Militärkoalition hat eine Untersuchung des Vorfalls gemeinsam mit den USA angekündigt. In einer Erklärung der Allianz hieß es in der Nacht auf Sonntag, die Koalition werde "umgehend Ermittlungen" in dem Fall einleiten.

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McGoldrick sagte, Helfer im Jemen seien "entsetzt und schockiert" über die Luftangriffe auf einen öffentlichen Saal in der Hauptstadt Sanaa, wo tausende Menschen an einer Trauerfeier teilgenommen hatten. Er forderte eine sofortige Untersuchung des Vorfalls: "Die Gewalt gegen Zivilisten im Jemen muss sofort beendet werden."

"Massaker"

Armeeflugzeuge hätten ein öffentliches Gebäude in Sanaa bombardiert, in dem sich zahlreiche Trauernde nach dem Tod des Vaters eines ranghohen Rebellen versammelt hätten, meldete die von den Aufständischen kontrollierte Nachrichtenwebsite sabanews.net. Es handle sich um ein "Massaker". Dem Sender Almasirah zufolge war auch der Bürgermeister von Sanaa, Abdel Kader Hilal, unter den Todesopfern. Ein Augenzeuge berichtete, zuerst habe ein Armeeflugzeug eine Rakete abgeschossen "und Minuten später hat ein weiteres Flugzeug geschossen". Nach den Angriffen geriet das Gebäude in Brand und stürzte laut Anwohnern ein.

In Washington machte der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats, Ned Price, die Empörung der USA über einen erneuten Angriff auf Zivilisten im Jemen deutlich: "Die US-Sicherheitszusammenarbeit mit Saudi-Arabien ist kein Blankoscheck", sagte er. Die US-Regierung habe angesichts des Luftangriffs auf eine Trauergemeinde und früherer Vorfälle eine "sofortige Überprüfung" ihrer bereits verringerten Zusammenarbeit mit der von Saudi-Arabien angeführten Koalition in die Wege geleitet.

Koalition weist Vorwürfe zurück

Den Vorwurf der Houthi-Rebellen im Jemen, dass die Luftangriffe von der von Saudi-Arabien angeführten Militärkoalition geflogen worden seien, hatte das Bündnis zuvor zurückgewiesen. Die Koalition habe "derartige Versammlungen in der Vergangenheit gemieden". Sie seien "nie ein Zielobjekt" gewesen. Für den Vorfall müssten "andere Ursachen" in Erwägung gezogen werden.

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Im Jemen kämpfen seit September 2014 Truppen des sunnitischen Präsident Abd Rabbo Mansur Hadi gegen vom Iran unterstützte schiitische Houthi-Rebellen und andere Gruppen, die dem ehemaligen Präsidenten Ali Abdallah Saleh die Treue halten. Die Houthis hatten Anfang 2015 die im Norden gelegene Hauptstadt Sanaa und andere Städte erobert. Seit März 2015 fliegt ein von Riad angeführtes arabisches Militärbündnis Luftangriffe auf die Rebellen. Seither wurden nach Schätzungen der UNO mehr als 6700 Menschen getötet, die meisten von ihnen Zivilisten.

Immer mehr Luftangriffe

Die Regierungstruppen konnten die schiitischen Rebellen im Sommer aus Aden und vier weiteren Provinzen im Süden des Jemen zurückdrängen. Die Houthis halten jedoch weiter die Hauptstadt Sanaa und weite Landesteile im Norden. Vermittlungsversuche der UNO führten bisher nicht zu einer Befriedung des Landes.

Bei dem Angriff vom Samstag handelte es sich um einen der verheerendsten Luftangriffe seit Beginn der Militäroperation des von Saudi-Arabien angeführten Bündnisses im März 2015. Im September 2015 waren bei einem mutmaßlichen Luftangriff der Koalition auf eine Hochzeitsfeier 131 Zivilisten getötet worden. Auch damals bestritt das Bündnis jede Verantwortung. Im März 2016 wurden 119 Menschen durch einen Luftangriff der Koalition auf einen Markt getötet.