Politik/Ausland

Flüchtlingslager Yarmouk wird zu "Todeslager"

Im syrischen Horror ist das Flüchtlingslager Yarmouk die tiefste Hölle" – mit derart drastischen Worten hatte UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon am Donnerstag die Lage in dem von der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) kontrollierten Flüchtlingslager Jarmuk im Süden der syrischen Hauptstadt Damaskus beschrieben. "Das Flüchtlingslager erinnert immer mehr an ein Todeslager."

Am Freitag haben sich palästinensische Milizen schwere Kämpfe mit der Terrormiliz geliefert. Syrische Regimekräfte hätten die islamistischen Extremisten zugleich mit Artillerie beschossen, teilte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte am Freitag mit. Über Tote und Verletzte gab es zunächst keine Angaben. Die Palästinenser rücken nach eigenen Angaben bis in das Zentrum von Jarmuk vor. Die islamistischen Extremisten kontrollierten nur noch rund ein Drittel des Lagers, sagte ein Sprecher der Milizen einer Presse-Agentur.

Trostlos: Flüchtlingslager Yarmouk

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Die rund 16.000 Menschen in dem Lager, darunter rund 3.500 Kinder, würden als "menschliche Schutzschilde" missbraucht, sagte Ban weiter. Das Ganze sei eine "humanitäre Katastrophe von epischem Ausmaß". Die Situation in dem Lager müsse dringend stabilisiert werden, forderte Ban. "Wir können nicht einfach dastehen und zusehen, wie sich ein Massaker zuträgt. Wir dürfen die Menschen in Jarmuk nicht aufgeben."

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Der IS hat das am Rande von Damaskus liegende Lager in den vergangenen Tagen nahezu vollständig eingenommen. Die dort zurückgebliebenen Tausenden Bewohner wurden von der Versorgung fast vollständig abgeschnitten. Die Armee hat das Lager umstellt.

In einem dringenden Appell forderte das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) humanitäre Hilfe für das palästinensische Flüchtlingslager. Mit dem Ausbruch der neuesten Kämpfe habe sich die Lage weiter verschlechtert, erklärte das IKRK am Donnerstag. Die Menschen bräuchten sofort Hilfe. Sie litten seit Monaten an einem Mangel an Wasser, Nahrung und medizinischer Versorgung.

Die Menschen sind weitgehend von der Außenwelt abgeschnitten. Nur sehr wenige Lieferungen könnten das Lager erreichen, sagte der Leiter der Hilfsorganisation Jafra Foundation, Wesam Sabaaneh, der Deutschen Presse-Agentur. Die syrische Regierung hatte die Blockade des Lagers 2013 begonnen, nachdem dort Rebellen Fuß gefasst hatten. Dutzende Menschen starben seitdem laut Menschenrechtsaktivisten an Hunger und Durst.

Fassbomben

Nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte kamen seit Ausbruch der Kämpfe zwischen IS-Extremisten und Palästinensern vor einer Woche 47 Menschen ums Leben. Demnach griff auch die syrische Luftwaffe das Lager erneut an. Flugzeuge hätten am Mittwochabend elf Fassbomben über Yarmouk abgeworfen, erklärte die Stelle am Donnerstag.

Die Palästinenser wollen gemeinsam mit der syrischen Armee gegen die IS-Extremisten vorgehen. Es gebe eine "enge Koordination" zwischen den beiden Seiten, sagte der Gesandte der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO), Ahmad Majdalani, in Damaskus. Ziel sei es, den IS aus dem Lager zu vertreiben. Der palästinensische Präsident Mahmoud Abbas hatte Majdalani zu Gesprächen nach Damaskus entsandt.