Politik/Ausland

Offene Panzerschlachten

In Berlin hatten die Außenminister Deutschlands, Frankreichs, Russlands und der Ukraine diese Woche einmal wieder die Einhaltung der Waffenruhe in der Ukraine gefordert. Und vor allem auch eines getan: Die Liste der Waffen, die von der Front entfernt werden müssen, auf kleinere Kaliber ausgeweitet. Zudem solle der politische Prozess in dem Minsk-Punkte-Plan (wie die Vorbereitung von Regionalwahlen nach ukrainischem Recht in den abtrünnigen Gebieten) in die Tat umgesetzt werden. Klingt, als würde der Friede jetzt jederzeit ausbrechen müssen. Tut er aber nicht. Ganz im Gegenteil.

Seit Sonntag toben vor allem um den Flughafen der ostukrainischen Metropole Donezk die schwersten Kämpfe seit Monaten – mit, wie es die Beobachtermission der OSZE beschreibt, "allen Arten von Waffen". Ausdrücklich beinhaltet das auf beiden Seiten auch schwere Artillerie und Kaliber, die schon die längste Zeit von der Front abgezogen sein müssten. Über Tage zog sich vor allem rund um den Ort Pisky am Ende der Rollbahn des völlig zerstörten Donezker Flughafens eine, wie es in dem OSZE-Bericht steht, "entfesselte Schlacht". Zeitweise war auch von einer offenen Panzerschlacht auf dem Rollfeld die Rede. Das ist eine ganz neue Sprache in den täglichen OSZE-Berichten. Ganz in der Routine der Beobachtermission wurden aber auch weiter schwere Einschläge (Mörser, Haubitzen, rückstoßfreie Geschütze) gezählt: Am 12. April waren das im Zeitraum von knapp weniger als dreieinhalb Stunden genau 1166. In der Art geht es weiter die nächsten Tage. Auch am Mittwoch wurden aus dem Umland des Flughafens von Donezk schwere Kämpfe gemeldet. Wieder aus Pisky, und auch aus dem Umland der weiter südlich gelegenen Hafenstadt Mariupol. Von dort klingt der Bericht der OSZE der vergangenen Tage ähnlich wie der von Pisky.

Seitens ukrainischer Stellen rechnet man mit einer Offensive der russischen Milizen. Auch die NATO erhob zuletzt den Vorwurf, Russland schicke weiter Material und Personal in die Ukraine.

US-Trainer

Russland wiederum schäumt ob der Aktivitäten der NATO in Osteuropa. Und jener der US-Armee. Die hatte zuletzt im Rahmen der "Operation Fearless Guardian" Berichten zufolge 50 Militärs auf dem Landweg in einem Konvoi in die Westukraine gebracht. Sie sollen dort ukrainische Einheiten trainieren. Zugleich liefern die USA bereits gepanzerte Humvee-Jeeps an die Ukraine. Eine Entscheidung über Waffenlieferungen ist noch nicht gefallen. Kanadas Regierung wiederum beschloss zuletzt die Entsendung von 200 Militärtrainern in die Ukraine.

Russland nannte die Entsendung der amerikanischen Trainer in die Ukraine eine "Provokation". Die Ukrainer sollten die Konsequenzen bedenken, hieß es seitens der Außenministeriums. Ein Sprecher sagte, die Trainings in der Westukraine gleich hinter der Grenze zu Polen in der Region Lemberg seien eine "Gefahr für Russlands Sicherheit".

Die ukrainische Regierung hat den Separatisten zuletzt einen neuen Anlauf zu einem vollständigen Abzug schwerer Waffen vorgeschlagen. Zudem sollten fixe Beobachterposten zur Überwachung der Waffenruhe eingerichtet werden. Die Verhandler der pro-russischen Verbände in der Region drängten indes auf die Bildung von Arbeitsgruppen zur Erarbeitung politischer Reformen. Die ukrainische Seite will aber nur mit gewählten Führern reden und drängt auf Wahlen. Derart droht das Abkommen von Minsk endgültig in Pulvernebel zu verirren.