Ukraine-Krise: EU-Sanktionen sollen Russland empfindlich treffen
Der russische Präsident Wladimir Putin hat Montagabend die Separatisten-Gebiete in der Ostukraine anerkannt. Die Europäische Union will deshalb nach Angaben des Außenbeauftragten Josep Borrell ihre Sanktionen "auf den Tisch legen". Die mit den USA und anderen westlichen Partnern vorbereiteten Strafmaßnahmen könnten nach Brüsseler Angaben schnell ausgelöst werden.
Was bedeutet Putins Schritt?
Die EU sieht in der Anerkennung der von pro-russischen Separatisten kontrollierten "Volksrepubliken" Luhansk und Donezk einen Bruch internationalen Rechts und der Minsker Abkommen. Die Europäer fürchten eine russische "Annexion" der Gebiete, wie der EU-Außenbeauftragte Borrell nach Beratungen der Außenminister in Brüssel sagte. Das wäre nach der Annexion der Krim 2014 die zweite Verletzung der Gebietshoheit der Ukraine. Für Deutschland hatte Regierungssprecher Steffen Hebestreit zuvor klargestellt, dass die Sanktionen in solch einem Fall "scharf gestellt" würden.
Welche Sanktionen könnten nun kommen?
Die EU hat weitreichende Wirtschafts- und Finanzsanktionen vorbereitet, die nach Angaben von Borrell "je nach Niveau der Aggression abgestuft umgesetzt" werden können. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zufolge sollen sie "alle Güter betreffen, die Russland dringend braucht, um seine Wirtschaft zu modernisieren und zu diversifizieren". Nach Angaben von EU-Diplomaten steht die russische Kohle-, Öl- und Gasbranche im Fokus.
Was sieht das Paket noch vor?
Von der Leyen sagte in der ARD, mit den Sanktionen würde "Russland praktisch abgeschnitten (...) von internationalen Finanzmärkten". Ob dies auch den Ausschluss aus dem internationalen Zahlungssystem Swift umfasst, ließ von der Leyen offen. Experten warnen, dass ein solcher Schritt auch europäische Banken und den Handel mit Russland insgesamt treffen könnte. Als möglich gilt, dass nur ein Teil der russischen Zahlungsströme über Swift gesperrt wird.
Inwiefern gehört Nord Stream 2 zu den Sanktionen?
US-Präsident Joe Biden hat mehrfach betont, im Falle eines Angriffs auf die Ukraine werde die Erdgas-Pipeline von Russland nach Ostdeutschland nicht in Betrieb gehen. Die USA verhängten bereits in der Vergangenheit Strafmaßnahmen gegen beteiligte Firmen oder Einzelpersonen. In der EU heißt es, dass vorerst ohnehin kein russisches Gas durch die Pipeline fließen kann. Von der Leyen verweist dabei auf die ausstehende Zertifizierung der Gasröhre durch die Bundesnetzagentur sowie im Anschluss durch die EU-Kommission. Beides dürfte sich in die Länge ziehen.
Was würden die neuen Russland-Sanktionen für Europa bedeuten?
In Brüssel gilt als wahrscheinlich, dass die Energiepreise weiter nach oben schnellen - etwa wenn Russland als Vergeltung Gaslieferungen zurückhält. In der EU sind nach Medienberichten Ausgleichszahlungen für Branchen oder Länder im Gespräch, die besonders hart getroffen würden.
Ist das Vorgehen der EU neu?
Nein. Seit der Annexion der Krim 2014 hat die EU mehrfach Sanktionen gegen Russland verhängt, von denen sich Präsident Putin aber nicht beeindrucken ließ. Derzeit gelten etwa Einreiseverbote und Kontosperrungen gegen 185 Russen und Ukrainer sowie 48 Unternehmen und Organisationen. Wirtschaftssanktionen richten sich zudem gegen russische Staatsbanken sowie die Öl- und Gasindustrie. Auch ein Waffenembargo gehört dazu.
Wie schnell könnte ein Sanktionsbeschluss fallen?
Erforderlich ist ein einstimmiger Beschluss der EU-Staaten. Da der Konflikt mit Russland als Chefsache gilt, dürfte dafür ein Sondergipfel der Staats- und Regierungschefs einberufen werden.