Reservist schießt auf Leiter einer Einberufungsstelle
Im Zuge der von vielen Russen abgelehnten Teilmobilmachung für den Krieg in der Ukraine hat ein Reservist auf den Leiter einer Einberufungsstelle geschossen und den Mann schwer verletzt. Der Vorfall ereignete sich in der ostsibirischen Stadt Ust-Ilimsk im Gebiet Irkutsk, wie der Gouverneur der Region, Igor Kobsew, am Montag im Nachrichtenkanal Telegram mitteilte.
Der 25 Jahre alte Reservist, der zum Kriegsdienst in der Ukraine eingezogen werden sollte, wurde demnach festgenommen.
Der Zustand des „Militärkommissars“ sei kritisch, sagte Kobsew. „Die Ärzte kämpfen um sein Leben.“ Seit der am vergangenen Mittwoch von Kremlchef Wladimir Putin angeordneten Teilmobilmachung kommt es landesweit zu zahlreichen Protesten, Festnahmen und Zwischenfällen.
Vereinzelt melden die Behörden auch Brandanschläge auf die Kreiswehrersatzämter, wo Reservisten einberufen werden.
Demonstrationen
In der russischen Teilrepublik Dagestan eskalierte am Wochenende in mehreren Orten der Widerstand gegen die Einberufungen. Frauen gingen mit Fäusten auf Polizisten los, weil sie damit verhindern wollten, dass ihre Männer, Söhne oder Brüder im Krieg in der Ukraine sterben. Viele riefen, dass sie nichts gegen Ukrainer hätten und deshalb nicht schießen würden auf sie.
Ein Polizist feuerte mit einer Maschinenpistole in die Luft, um die wütende Menschenmenge zur Ruhe zu bringen. Zeitweise wurde auch eine Fernverkehrsstraße mit Sitzblockaden der Dagestaner gesperrt.
Um der Einberufung zu umgehen, verlassen weiter Zehntausende Männer fluchtartig das Land mit Flügen oder mit dem Auto etwa über die Grenzen zu den Ex-Sowjetrepubliken Kasachstan (Zentralasien) oder Georgien (Südkaukasus). Viele Familien in Russland sind in heller Panik, ihre Angehörigen in dem Krieg zu verlieren.
Der russische Präsident Putin hatte vor dem Hintergrund des sich hinziehenden Angriffskriegs gegen die Ukraine und nach zahlreichen Niederlagen der eigenen Armee dort die Teilmobilmachung angeordnet.
300.000 Reservisten sollen nun in die russische Armee eingezogen werden. Zugleich hatte Putin die Gesetze verschärft gegen Kriegsdienstverweigerer. Die Verantwortung für die Organisation der Einberufung liegt bei den regionalen Gouverneuren und den einzelnen Kreiswehrersatzämtern vor Ort.