Politik/Ausland

Kampf um Debalzewe forderte 179 Soldatenleben

Die Waffenruhe in der Ostukraine ist weiterhin brüchig. Die Konfliktparteien im Donbass warfen sich erneut gegenseitige Angriffe vor. Am Freitag sagte die Militärführung in Kiew, russische Panzer seien in die Ukraine eingedrungen. Bei den Kämpfen um den Bahnknotenpunkt Debalzewe im Osten sind zudem im vergangenen Monat 179 Soldaten getötet worden. Weitere 81 Soldaten würden nach dem Abzug der Regierungstruppen vermisst, schrieb der Präsidentenberater Juri Birjukow am Samstag auf seiner Facebook-Seite. Um Debalzewe war auch nach dem Friedensvertrag von Minsk weiter heftig gekämpft worden, am Mittwoch gab sich die ukrainische Armee geschlagen und zog sich aus der strategisch wichtigen Stadt zurück.

Angesichts des Konflikts hat ein hochrangiger NATO-General davor gewarnt, dass Russland zu dem Verteidigungsbündnis gehörende Gebiete erobern und damit eine "existenzielle Gefahr" darstellen könnte. Der Vize-Kommandant der NATO für Europa, Adrian Bradshaw, sagte, in der umkämpften Ostukraine seien russische Soldaten stationiert und dies sei eine gefährliche Situation. "Russland könnte denken, dass die riesigen konventionellen Truppen, die es in so kurzer Zeit mobilisieren konnte, (...) in Zukunft genutzt werden könnten, nicht nur um einzuschüchtern und zu nötigen, sondern auch um Gebiete der NATO zu erobern", warnte Bradshaw am Freitag in einer Rede im Londoner Royal United Services Institute. Russland bestreitet, dass es die prorussischen Rebellen in der Ostukraine mit seinen Truppen unterstützt.

USA drohen

Die USA werfen Moskau vor, mit seiner Ukraine-Strategie die Grundlagen der politischen Weltordnung aufs Spiel zu setzen. Russland unterstütze weiter Separatisten in der Ostukraine und verletze den Waffenstillstand. Dies "unterminiert die internationale Diplomatie und multilaterale Institutionen - die Grundlagen unserer modernen globalen Ordnung", sagte Außenamtssprecherin Jen Psaki am Freitag in Washington. Washington verfüge weiterhin über "eine Reihen von Optionen". Präsident Barack Obama hatte kürzlich gesagt, auch Waffenlieferungen an Kiew könnten infrage kommen.

"Waffen für den Frieden"

Ukraines Außenminister Pawlo Klimkin rief den Westen eindringlich zu Waffenlieferungen auf. "Wir brauchen diese Waffen für den Frieden, nicht für den Krieg", sagte Klimkin der Bild-Zeitung. Er betonte, dass sein Land nicht um Panzer oder Raketenwerfersysteme bitte. Vielmehr benötige die Ukraine Panzerabwehrsysteme, Transporte oder verschlüsselte Funkgeräte.

Die ukrainische Regierung erhöht inzwischen auf Druck internationaler Kreditgeber die Energiepreise in dem krisengeschüttelten Land. Strom werde ab März um 40 Prozent teurer, sagte Energieminister Wladimir Demtschischin in einem Interview der Kiewer Zeitschrift "Fokus". Ab April würden dann auch die Kosten für Gas steigen.

Gedenken an Maidan

Tausende Ukrainer haben am Freitagabend in Kiew der Opfer blutiger Massenproteste vor einem Jahr gedacht. Damals waren bei Gewaltexzessen zwischen Sicherheitskräften und Demonstranten rund 100 Menschen ums Leben gekommen. "Der Kampf für das Recht, in einem echten europäischen Land zu leben, begann auf dem Maidan und hält bis heute im Donbass an", sagte Präsident Petro Poroschenko bei der zentralen Feier auf dem Unabhängigkeitsplatz in der Hauptstadt. Bei den Gedenkfeiern zum Sieg der "Revolution der Würde" erwartet Poroschenko am Sonntag in Kiew auch den deutschen Bundespräsidenten Joachim Gauck zu einer Solidaritätskundgebung für eine proeuropäische Ukraine.

Janukowitsch denkt über Rückkehr nach

Heute jährt sich auch der Sturz des früheren ukrainischen Präsidenten Janukowitsch zum ersten Mal. In einem am Samstag ausgestrahlten Fernsehinterview sagte der frühere Staatschef, er würde gerne aus dem russischen Exil in seine Heimat zurückkehren. Er könne sich vorstellen, an der Spitze einer Protestbewegung gegen die proeuropäische Regierung in Kiew zu kämpfen, um das Leben der Ukrainer zu verbessern, sagte Janukowitsch.

Der ukrainische Staatschef Petro Poroschenko forderte Janukowitsch zur Rückkehr auf. "Ich warte mit Ungeduld darauf. Die Protestbewegung kann er dann im Gefängnis leiten", sagte der prowestliche Präsident. Die Führung in Kiew will Janukowitsch unter anderem wegen Betrugs vor Gericht stellen. Moskau lehnt eine Auslieferung aber ab. Auch der russische Friedensnobelpreisträger Michail Gorbatschow hat ein Comeback des ukrainischen Ex-Präsidenten Viktor Janukowitsch ausgeschlossen: "Ich denke, er hat sich überflüssig gemacht."

In Moskau versammelten sich unterdessen Demonstranten zu einer kremlnahen Veranstaltung unter dem Motto "Antimaidan". Zahlreiche Demonstranten in Moskau äußerten auf Plakaten Unterstützung für die Separatisten in der Ostukraine, wie Beobachter berichteten.

Ein Jahr nach den Maidan-Todesschüssen:

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