Politik/Ausland

Jazenjuk: Häschen oder Kämpfer?

Russlands Justiz schießt sich auf die ukrainische Spitzenpolitik ein: Wie der Chef der russischen Ermittlungsbehörde Alexander Bastrykin bekannt gab, habe man „Fragen“ an Arsenij Jazenjuk, den Premierminister der Ukraine. Jazenjuk, so die Anschuldigung, habe sich im Tschetschenien-Krieg 1994/1995 Verbrechen gegen russische Soldaten schuldig gemacht. Er habe, so Bastrykin, als Angehöriger eines ukrainischen Freiwilligenbataillons an mindestens zwei bewaffneten Auseinandersetzungen in Tschetscheniens Hauptstadt Grozny teilgenommen, sei für die Exekution russischer Soldaten verantwortlich und dafür von der damaligen tschetschenischen Führung unter Dschochar Dudayew auch ausgezeichnet worden. Mit auf der Liste der Personen, an die man „Fragen“ habe, stehen zugleich andere Ukrainer, die anders als Jazenjuk durchwegs dem nationalistischen Lager zugerechnet werden können. So etwa der Chef der nach den Wahlen nicht mehr im Parlament vertretenen rechtsextremen Partei Swoboda (Freiheit) Oleh Tyahnybok sowie Angehörige des Rechten Sektors.

Von offizieller ukrainischer Seite werden die russischen Anschuldigungen dementiert. Jazenjuk ist zwar durchaus bekannt für seine nicht gerade Russland-freundliche Wortwahl. Zugleich aber trägt er in der ukrainischen Gesellschaft den Spitznamen „Häschen“, vor allem auch wegen seines sehr schmalen, geradezu zerbrechlich wirkenden Körperbaus. Dementsprechend fallen die Reaktionen in der Ukraine selbst aus: Das Vorgehen der russischen Justiz sei schlicht lächerlich – untermauert wird das durch diverse offensichtliche Bildmontagen: Jazenjuk als Dschihadist, Jazenjuk als Kämpfer neben dem bis zu seinem Tod 2006 meistgesuchten Mann Russlands Schamil Bassajew, Jazenjuk neben Achmat und Ramsan Kadyrow. Auch ein Ausschnitt aus dem Monthy-Python-Film "Ritter der Kokosnuss", in dem ein Mörderhäschen einen Ritter nach dem anderen tötet, macht die Runde. Belustigung auch aus dem damals engsten Umfeld Dudajews. Einer sagt: „Nie gesehen, der wäre schon aufgefallen.“

"Heiliger Krieg" gegen Russland

Vor allem der Kadyrow-Link entbehrt dabei nicht einer gewissen Komik mit aktueller Brisanz. Schließlich war Achmat Kadyrow zum fraglichen Zeitpunkt (1994/1995) Mufti von Tschetschenien, stand eindeutig auf der Seite der Separatisten und hatte seine eigenen bewaffneten Leute. Er war es, der dem Krieg gegen Russland die Weihe „Heiliger Krieg“ verlieh. Erst 1999 wechselte er die Seiten, wurde Stadthalter Moskaus in der Region und später Präsident, ehe er 2004 ermordet wurde. Das Amt übernahm sein Sohn Ramsan, der wie sein Vater eine Historie in der tschetschenischen Aufstandsbewegung gegen Russland hat (erst als Fahrer seines Vaters, später als Kämpfer) – ganz ohne juristische Folgen. 2014 tauchte sogar ein Video aus den 90er-Jahren auf, auf dem zu sehen ist, wie tschetschenische Kämpfer russische Kriegsgefangene enthaupten. Ein Mann wird dabei Ramsan genannt – und sieht auch aus wie Ramsan Kadyrow. Auch das ohne juristische Folgen.

Ramsan Kadyrow regiert bis heute mit einer seitens Moskau geduldeten Mischung aus konservativem Islam, Personenkult und Brutalität. Als Oppositionspolitiker Boris Nemzow in Moskau ermordet wurde, rühmte er die mutmaßlichen Täter – die russische Justiz blieb tatenlos. Dabei war zumindest einer der Täter erst kurz vor dem Mord als hoher Kommandant aus dem Dienst von Kadyrows Leibgarde geschieden und hatte angegeben, den Mordauftrag von einem Duma-Abgeordneten aus dem engsten Umfeld Kadyrows erhalten zu haben. Weiter ermittelt wurde aber nicht.

Die Ukraine macht sich lustig:

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