Politik/Ausland

TV-Bilder sollen Giftanschlag auf Kim Jong Nam zeigen

Eine Überwachungskamera soll den mutmaßlichen Giftanschlag auf den Halbbruder des nordkoreanischen Machthabers Kim Jong Un in Malaysia gefilmt haben. Die vom japanischen Sender Fuji-TV veröffentlichten Aufnahmen zeigen, wie eine Frau einem Mann anscheinend etwas ins Gesicht wischt. Bei dem Opfer soll es sich um Kims Halbbruder Kim Jong Nam handeln.

Er brach kurz darauf zusammen und starb auf dem Weg ins Krankenhaus. Es wird vermutet, dass er einem schnell wirkenden Gift erlag. Die Echtheit der Videoaufnahmen wurde von offizieller Seite bisher nicht bestätigt. Nordkoreas Botschafter äußerte Zweifel an der Identität des Toten.

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Unterdessen gibt es diplomatische Verstimmungen zwischen Nordkorea und Malaysia. Die Regierung in Kuala Lumpur bestellte am Montag den nordkoreanischen Botschafter Kang Chol ein. Anlass seien Äußerungen des Diplomaten, Malaysia habe etwas zu verbergen, erklärte das Außenministerium am Montag. Malaysia beorderte auch seinen Botschafter in Pjöngjang zu Konsultationen zurück in die Heimat.

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Nordkoreas Botschafter äußerte seinen Vorwurf, nachdem Malaysia die Übergabe des Leichnams an Nordkorea verweigert und eine Autopsie angeordnet hatte. Er warf Malaysia vor, bei den Ermittlungen mit ausländischen Mächten unter einer Decke zu stecken. Außerdem bezweifelte er, dass es sich bei dem Toten um Kim Jong Nam handelt. Die Botschaft habe den Mann als den nordkoreanischen Staatsbürger Kim Chol identifiziert, sagte der Botschafter. Die Regierung in Pjöngjang hat bereits angekündigt, das Ergebnis der Obduktion nicht anzuerkennen.
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Kim Jong Nam hielt sich lange im Ausland auf und äußerte sich kritisch über die Familiendynastie in seiner Heimat. Südkoreanischen Regierungskreisen zufolge erteilte Nordkoreas Machthaber bereits vor Jahren den Auftrag zur Ermordung seines Halbbruders.
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Mitglied der nordkoreanischen Herrscher-Dynastie zu sein, bringt viele Privilegien mit sich. Für Verlierer der Machtspiele in Pjöngjang kann die Verwandtschaft aber rasch auch zur tödlichen Gefahr werden - wie jetzt wieder der Mord an Kim Jong-nam, dem älteren Halbbruder von Machthaber Kim Jong-un, gezeigt hat.

Andere im Quasi-Exil lebende Verwandte des jungen Staatschefs wie etwa Kim Jong-uns 62-jähriger Onkel Pyong-il oder sein 35-jähriger Bruder Jong-chul dürften seitdem wenig Ruhe haben.

Die Ermordung des 45-jährigen Kim Jong-nam am vergangenen Montag am Flughafen der malaysischen Hauptstadt Kuala Lumpur wirkt wie aus einem Spionagethriller. Doch Nordkorea hat bereits in der Vergangenheit mit ähnlichen Aktionen für Schlagzeilen gesorgt.

1992 beispielsweise erschossen zwei Auftragskiller Yi Han-yong, den Cousin des 45-Jährigen, vor seinem Haus in der Nähe der südkoreanischen Hauptstadt Seoul - er hatte sich 1982 aus seiner Heimat abgesetzt und in seinen Memoiren viele Details aus dem Privatleben der Kims verraten.

Seit drei Generationen führen die Kims Nordkorea mit eiserner Faust. Ihr Familienstammbaum weist viele Namen von Mitgliedern auf, die entweder getötet oder ins Exil gezwungen wurden, weil sie den Machthabern zu gefährlich schienen. Auch dem noch jungen Kim Jong-un, der seit dem Tod seines Vaters Kim Jong-il im Dezember 2011 das isolierte Land führt, werden wenig Skrupel nachgesagt, wenn es darum geht, seine Macht zu festigen.

So ließ er im Dezember 2013 seinen Onkel und Mentor Jang Song-thaek wegen angeblichen Verrats hinrichten. Der Tod der einstigen "Grauen Eminenz" sollte deutlich machen, wer in Nordkorea das Sagen hat. Jang Song-thaek war dafür bekannt, dass er Kim Jong-nam beschützte und seinen aufwendigen Lebensstil finanzierte.

"Da Kim Jong-un seine Terrorherrschaft fortsetzt, haben einige Vertreter von Pjöngjangs Elite angefangen, sich nach möglichen Alternativen umzusehen", sagt der frühere nordkoreanische Diplomat Koh Young-hwan, der nun von Seoul aus das Geschehen im Nachbarland kommentiert. Nach seinen Worten dürfte sich Kim darüber durchaus bewusst sein. Mögliche Persönlichkeiten, die an seiner Stelle als Staatsführer infrage kommen könnten, seien "in großer Gefahr", warnt der Experte.

Nach dem Tod von Kim Jong-nam könnte es vor allem dessen Sohn Kim Han-sol treffen, sagt Koh. Einige Experten vermuten, dass Kim Jong-nams Familie unter Chinas Schutz steht, um für den Fall eines Aufstands in Nordkorea die alte Führung zu ersetzen. Der 21-jährige Kim Han-sol lebte mit seinen Eltern in der chinesischen Sonderverwaltungszone Macau. Er soll an der Pariser Universität Science Po studiert haben. Wo er sich derzeit aufhält, ist unbekannt.

2012 gab Kim Han-sol ein Interview, in dem der damalige Schüler einen intelligenten, reflektierten und wortgewandten Eindruck machte. Er ließ durchblicken, dass er seine künftige Rolle durchaus in Nordkorea sieht: "Ich habe immer davon geträumt, eines Tages zurückzugehen und die Dinge besser zu machen, es allen Menschen dort leichter zu machen," sagte er.

Auf die Frage, warum sein Vater nicht Nachfolger von Kim Jong-il wurde, sagte Kim Han-sol, dieser habe sich "nie wirklich für Politik interessiert". Seitdem schweigt Kim Han-sol.

Doch auch nach Einschätzung des ehemaligen nordkoreanischen Militärvertreters und Leiters eines südkoreanischen Studieninstituts, Ahn Chan-il, ist Han Sol seit dem Tod seines Vaters zur möglichen nächsten Zielscheibe geworden: "Er hat Nordkorea einmal kritisiert und sich dann einige Jahre lang ruhig verhalten. Nachdem sein Vater nun vergiftet wurde, könnte er eines Tages erneut seine Stimme erheben."

Die malaysischen Ermittlungen haben nach Angaben Südkoreas ergeben, dass Pjöngjang hinter dem mutmaßlichen Giftanschlag auf den Halbbruder von Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un steckt. Dies sagte ein Sprecher des südkoreanischen Wiedervereinigungsministeriums am Sonntag in Seoul. Dafür spreche auch, dass fünf Verdächtige aus Nordkorea kämen.

Die malaysische Polizei hatte zuvor mitgeteilt, sie fahnde nach vier weiteren Verdächtigen. Die Nordkoreaner im Alter von 33 bis 57 Jahren hätten Malaysia noch am Tag von Kim Jong Nams Tod verlassen, sagte der stellvertretende Generalinspektor der Polizei, Noor Rashid Ibrahim, am Sonntag bei einer Pressekonferenz in Kuala Lumpur.

Die Verdächtigen seien nicht mit Diplomatenpässen gereist. Zudem würden drei weitere Nordkoreaner gesucht, von denen sich die Ermittler weitere Erkenntnisse in dem Fall erhoffen, sagte Noor Rashid Ibrahim.

Der 45-jährige Halbbruder von Nordkoreas Staatschef wurde am Montag am Flughafen von Kuala Lumpur ermordet. Südkoreanischen Medien zufolge sprühten ihm die Täter Gift ins Gesicht, bevor er an Bord einer Maschine nach Macau gehen wollte. Die Autopsie der Leiche ergab bisher keine genaue Todesursache.

Vier Verdächtige wurden bereits festgenommen: ein 46-jähriger Nordkoreaner, eine 25-jährige Frau mit indonesischem Pass und ihr malaysischer Freund sowie eine 28-jährige Verdächtige mit vietnamesischem Pass. Bei den Frauen wird spekuliert, dass sie Agentinnen des nordkoreanischen Geheimdienstes sind.

Der 45-jährige Kim Jong Nam war der ältere Halbbruder von Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un. Beide haben denselben Vater, den früheren Machthaber Kim Jong Il, aber unterschiedliche Mütter. In der nordkoreanischen Herrscherdynastie gab es bereits mehrfach Mordfälle.