Türkisches Gesetz verbietet Wahlkampf im Ausland
Pilz übte dabei heftige Kritik an den Bestrebungen von Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP), ein Verbot von Wahlkampfauftritten türkischer Politiker in Österreich zu erreichen: „Das ist der typische Pfusch eines Innenministers, der sich nicht um die öffentliche Sicherheit, sondern um die öffentliche Propaganda kümmert.“ Dabei müsste man doch nur die Türken dazu auffordern, sich an ihre eigenen Gesetze zu halten, so Pilz.
Auch die Deutsche Presse-Agentur berichtete über diese Vorschrift des Wahlgesetzes. Der Vertreter der türkischen Oppositionspartei CHP in der Wahlkommission, Mehmet Hadimi Yakupoglu, sagte der dpa am Donnerstag, die Regierungspartei AKP selbst habe das Gesetz 2008 eingeführt. Dort heiße es in Artikel 94/A: „Im Ausland und in Vertretungen im Ausland kann kein Wahlkampf betrieben werden.“
"Nur moralische Regel"
In dem Gesetz sei aber nicht geregelt, wer dessen Einhaltung kontrolliere und welche Strafen bei Verstößen angewendet würden, sagte Yakupoglu. „Deshalb besteht es nur als moralische Regel.“ Die Vorgabe werde von „allen Parteien“ missachtet. Nicht nur die AKP, auch Oppositionsparteien betreiben immer wieder Wahlkampf im Ausland.
In einem Beschluss vor dem Referendum am 16. April spezifiziert die türkische Wahlkommission (YSK), dass Wahlkampf im Ausland in geschlossenen Räumen nicht gestattet ist. Weiter legt der YSK-Beschluss Nummer 109 vom 15. Februar zum Ausland unter anderem fest, Wahlkampfansprachen seien auch auf offenen Plätzen nicht zulässig. Wahlkampfmaterialien dürften nicht verteilt werden. In Printmedien dürfe keine Wahlwerbung geschaltet werden.
„Nazi-Praktiken“
Der „Leiter der AK Partei-Wahlkampagne im Ausland“, der Abgeordnete Mustafa Yeneroglu, äußerte sich auf dpa-Anfrage nicht zu dem Thema. Yeneroglu hatte kürzlich kritisiert, Veranstaltungen mit Abgeordneten und Ministern der regierenden AKP würden in Deutschland „systematisch verhindert, zeitgleich werden Veranstaltungen türkischer Oppositioneller von städtischen Einrichtungen unterstützt“. Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan hatte Deutschland in dem Zusammenhang „Nazi-Praktiken“ vorgeworfen.
Die OSZE-Wahlbeobachtermission hatte nach der Parlamentswahl vom November 2015 bemängelt, dass sich die türkische Wahlkommission im Fall einer Beschwerde über Auslandswahlkampf für nicht zuständig erklärt und auf die Staatsanwaltschaft verwiesen hatte. Die OSZE erklärte dazu: „Nach dem türkischen Gesetz ist Wahlkampf im Ausland keine Straftat, sondern ein Verwaltungsverstoß innerhalb der Zuständigkeit der Wahlkommission.“ Laut OSZE hatten 2015 die AKP, die CHP und die pro-kurdische HDP Wahlkampf im Ausland betrieben.
Die aktuellen Auftritte türkischer Minister in Deutschland wurden von der AKP beworben. Auf einem Veranstaltungshinweis etwa für den Auftritt von Außenminister Mevlüt Cavusoglu in Hamburg stand neben Namen und Logo der AKP: „Unsere Entscheidung lautet Ja“. Damit wird bei den Türken im Ausland um Zustimmung zu dem von Staatschef Erdogan angestrebten Präsidialsystem beim Referendum am 16. April geworben. Cavusoglu war am Dienstag in der Residenz des türkischen Generalkonsuls in Hamburg aufgetreten. Sein geplanter Auftritt in der Schweiz wurde abgesagt.
Deutschland: Verfassungsklage gegen Auftritt erfolglos
Ein Versuch, die Wahlkampf-Auftritte türkischer Regierungsmitglieder in Deutschland durch eine Verfassungsbeschwerde zu unterbinden, ist gescheitert. Das Bundesverfassungsgericht nahm die Klage einer nicht näher bezeichneten Privatperson gar nicht erst zur Entscheidung an, wie am Freitag in Karlsruhe mitgeteilt wurde.
Zwar hätten ausländische Staatsoberhäupter und Regierungsmitglieder prinzipiell keinen Anspruch darauf, ins Bundesgebiet einzureisen, um hier amtliche Funktionen auszuüben, wie die Richter ausdrücklich hervorheben. In dem Fall habe der Kläger aber „nicht hinreichend substantiiert dargelegt“, inwiefern er durch das Nichteingreifen der Bundesregierung bei den jüngsten Auftritten persönlich in Grundrechten verletzt sei. Für einen Erfolg ist eine solche Betroffenheit Grundvoraussetzung. Inhaltlich wurde die Beschwerde daher nicht mehr näher geprüft. (Az. 2 BvR 483/17) Konkret ging es um den Auftritt des türkischen Ministerpräsidenten Binali Yildirim am 18. Februar in Oberhausen.