Politik/Ausland

"Der Weg führt nirgends hin"

Kein Weg scheint für die griechische Regierung der radikalen linken Partei Syriza zu weit, um finanzielle Unterstützung für das Land zu suchen. Während Finanzminister Yanis Varoufakis Ende vergangener Woche nach Washington flog, begibt sich Premier Alexis Tsipras heute, Mittwoch, auf einen zweitägigen offiziellen Besuch nach Moskau. Auf dem Arbeitsprogramm: Treffen mit Präsident Wladimir Putin und seinem russischen Kollegen Dmitri Medwedew in der Hoffnung auf billiges russisches Gas für Griechenland und Wiederaufnahme der Handelsbeziehungen.

Die schwierige Finanzlage Athens soll auch diskutiert werden. "Wir schließen nicht aus, alle möglichen Fragen zur Debatte zu stellen, man muss sich aber nicht nur auf die Kredit- und Finanzfragen fixieren", sagte Putins Sprecher Dmitri Peskov. Bereits vor Wochen hat Russland den Griechen finanzielle Hilfe angeboten.

Washington winkte ab

Athen verhandelt immer noch mit seinen internationalen Kreditoren EU, EZB und IWF über die Freigabe der letzten 7,2 Milliarden Euro aus dem zweiten Rettungspaket. Das Trio, das man in Athen nun "die Institutionen" zu nennen pflegt, beharrt auf ein straffes Reformprogramm als Gegenleistung für die Gelder. Griechenland möge sich den Verhandlungen mit den Kreditoren "völlig widmen", bekam Varoufakis in Washington zu hören.

Aus Moskau kommen andere Töne. So will Russland nach der Kontrolle von 20 griechischen Lebensmittelunternehmen Anfang Mai "grünes Licht" für Exporte nach Russland geben. Danach sollen Zypern und Ungarn auf Exporttauglichkeit untersucht werden – alles Länder, die sich gegen die EU-Sanktionen gegen Russland gestellt haben.

Unmut Brüssels

"Der Weg (der EU-Sanktionen, Anm.) führt nirgends hin", sagte Tsipras vor einigen Tagen gegenüber der russische Nachrichtenagentur Itar-TASS in einem Exklusiv-Interview. Ob Moskau für Athen die richtige Richtung ist, ist aber fraglich. Brüssel hat seinen Unmut über Tsipras’ Russland-Reise jedenfalls bereits laut verkündet.

Übrigens sollte Tsipras ursprünglich im Mai nach Russland fliegen. Es gibt keine offizielle Begründung, warum er den Besuch um einen Monat vorgezogen hat. Beobachter vermuten, Athen wolle die Beziehungen zu Moskau als Druckmittel in den Verhandlungen mit den Kreditoren ausspielen.

Günstiges Gas für Athen

Es geht aber auch um Gas, das Griechenland fast zu 100 Prozent durch Importe decken muss. Ende März traf Energieminister Panagiotis Lafasanis in Moskau seinen russischen Amtskollegen Alexander Novak und Gazprom-Chef Alexei Miller. Griechenland hofft, am neuen Gaspipeline-Projekt von Russland und der Türkei teilnehmen zu dürfen. Putin und sein türkischer Amtskollege Erdogan hatten sich im Dezember über den Bau vom "Turkish Pipeline" geeinigt. Es ist als Ersatz des geplanten South Stream Projekts gedacht, ob es aber überhaupt zustande kommt, ist noch unklar.

Tsipras ist der erste griechische Premier seit fünf Jahren, der Putin besucht. Und obwohl seine Syriza ein gespanntes Verhältnis zur griechisch-orthodoxen Kirche hat, besucht Tsipras in Moskau auch das Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche, Patriarch Kirill. Dabei geht es um die für 2016 geplante Initiative "Jahr von Griechenland in Russland" und "Jahr von Russland in Griechenland".