Politik/Ausland

"Tod den Taliban": Regimekritische Proteste im Iran

Nachdem bei Protesten gegen hohe Arbeitslosigkeit und Preissteigerungen im Iran am Freitag 52 Menschen festgenommen worden waren, kam es am Samstag erneut zu Protesten. Nach Angaben der Nachrichtenagentur Fars riefen Dutzende Demonstranten vor der Teheraner Universität "Tod den Taliban" und verglichen damit das iranische Establishment mit den radikalen Islamisten in Afghanistan. Von den jüngsten Protesten gab es auch Videos in sozialen Netzwerken.

Alle Inhalte anzeigen Alle Inhalte anzeigen

Das iranische Innenministerium warnte vor einer Teilnahme an "illegalen" Protesten. "Diese Versammlungen sind illegal und wir fordern die Menschen auf nicht daran teilzunehmen", sagte Innenminister Abdolreza Rahmani Fazli am Samstag. Sonst könnte es "problematische Konsequenzen" geben, warnte der Minister nach Angaben der Nachrichtenagentur Isna. Das Innenministerium ist jedoch Fazli zufolge bereit, Anträge auf friedliche Demonstrationen zu überprüfen.

Nach Augenzeugenberichten wurden in mehreren Teilen der Hauptstadt Teheran Sondereinheiten der Polizei stationiert. Besonders stark soll ihre Präsenz in der Nähe der Teheraner Universität in der Stadtmitte sein. Von Präsident Hassan Rouhani, der sich stets gegenüber Kritik offen gezeigt hatte, gab es zunächst keine Reaktion.

"Die Welt schaut genau"

US-Präsident Donald Trump verurteilte die Festnahme von Demonstranten schon am Freitag schärfstens. Die Welt verfolge genau, was im Iran vor sich gehe, schrieb Trump am Freitagabend (Ortszeit) im Kurzmitteilungsdienst Twitter. Die Regierung des Landes forderte er auf, die Rechte der Bürger auf freie Meinungsäußerung zu respektieren.

Alle Inhalte anzeigen

Auch das US-Außenministerium erklärte, die USA verurteilten die Festnahme friedlicher Demonstranten scharf. "Wir fordern alle Nationen auf, das iranische Volk und seine Forderungen nach Grundrechten und einem Ende der Korruption zu unterstützen", erklärte Außenamtssprecherin Heather Nauert. Die iranische Führung habe "ein Land mit einer reichen Geschichte und Kultur in einen Schurkenstaat im Niedergang verwandelt, der vor allem Gewalt, Blutvergießen und Chaos exportiert".

Iran verurteilt US-Unterstützung

Der Iran hat wiederum die Unterstützung der USA für die Proteste im Land scharf verurteilt. "Das iranische Volk wird diese wertlosen und opportunistischen Bemerkungen der Amerikaner nicht beachten", sagte Außenamtssprecher Bahram Ghassemi am Samstag. Die Regierung von Präsident Donald Trump, die Iranern sogar die Einreise in die USA verbiete, sollte sich nun nicht besorgt um das iranische Volk zeigen, sagte der Sprecher. Im Iran gebe es demokratische Kanäle, über die das Volk legitime Forderungen erheben könne, fügte Ghassemi hinzu.

Die Proteste hatten am Donnerstag in der Großstadt Mashhad begonnen und sich am Freitag in der Hauptstadt Teheran und Kermanshah im Westen des Landes fortgesetzt. Viele Iraner sehen mit Unmut, dass Teheran Millionensummen zur Unterstützung proiranischer Gruppen in der Region ausgibt, statt sie für die eigene Bevölkerung aufzuwenden.

Alle Inhalte anzeigen

Was steckt dahinter?

Der iranische Vizepräsident Eshaq Jahangiri (Eschak Dschahangiri) sagte dem staatlichen Fernsehsender Irib, die wirtschaftlichen Probleme seien nur ein Vorwand für die Proteste. "Anscheinend steckt etwas anderes dahinter", sagte Jahangiri. Die Initiatoren wollten der Regierung schaden, würden damit aber keinen Erfolg haben. Der Vize-Gouverneur der Provinz Teheran, Mohsen Hamedani, erklärte, die Demonstranten seien durch "Propaganda" beeinflusst, die meisten Protestaufrufe kämen aus dem Ausland.

Der iranische Präsident Hassan Rouhani war im Juni 2013 mit dem Versprechen gewählt worden, die Aufhebung der vom Westen im Atomstreit erlassenen Finanz- und Handelssanktionen zu erreichen. 2015 gelang dies dem Präsidenten, der auch den Verfall der Währung stoppte und die Inflationsrate senkte. Doch die Wirtschaft erholt sich nur langsam, und die Arbeitslosigkeit im Iran ist weiterhin hoch.