Politik/Ausland

Syrien: Waffenruhe steht auf wackeligen Beinen

Im syrischen Bürgerkrieg mehren sich Befürchtungen, die Waffenruhe könne scheitern und die Kämpfe könnten dann intensiver als zuvor wieder aufflammen. Russland warnte am Mittwoch, die Feuerpause sei brüchig.

Die Waffenruhe in Syrien hielt auch den zweiten Tag in Folge weitgehend. Aktivisten meldeten am Mittwoch nur einzelne Verstöße in dem Bürgerkriegsland. Zu Kämpfen kam es nach Angaben von Menschenrechtlern in der zentralsyrischen Provinz Hama. Unter Führung der radikalen Miliz Jund al-Aqsa (Soldaten von al-Aqsa) griffen dort Regimegegner nahe des Ortes Kukab Kräfte der Regierung an. Die Gruppe Jund al-Aqsa hat enge Verbindungen zum Terrornetzwerk Al-Kaida.

Als moderat geltende Rebellen müssten von islamistischen Gruppierungen getrennt werden, forderte Regierungssprecher Dmitri Peskow in Moskau. Nur so könne die seit Montagabend geltende Waffenruhe Bestand haben.

Russland setzt sich für eine Verlängerung der Waffenruhe in Syrien um 48 Stunden ein. Das erklärte General Viktor Posnichir vom russischen Generalstab am Mittwoch.

Laut dem russischen General wurde die Waffenruhe sei 60 Mal verletzt, zumeist von Rebellen der Gruppe Ahrar al-Sham, meldet die Agentur Interfax. Russische Kampfflugzeuge hätten zudem Kämpfer der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) ins Visier genommen, die einen Angriff auf Palmyra vorbereitet hätten. Dabei seien 250 Kämpfer getötet und 15 Pickups zerstört worden, auf denen Maschinengewehre und Luftabwehrgeschütze montiert gewesen seien.

Kerry warnt vor weiterer Eskalation

US-Außenminister John Kerry warnte, sollten die neuen Friedensbemühungen scheitern, sei mit einem starken Anstieg der Gewalt und vielen Toten zu rechnen. Russland und die USA hatten den Waffenstillstand ausgehandelt, der bis auf Ausnahmen auch den zweiten Tag eingehalten wurde. Er soll den Weg für eine friedliche Lösung der Konflikts ebnen. Islamisten-Milizen wie der Islamische Staat (IS) sind von der Feuerpause jedoch ausgenommen und sollen weiterhin angegriffen werden.

USA und Russland gemeinsam gegen IS?

Sollte die Waffenruhe über eine Frist von sieben Tagen halten, wollen die USA und Russland zu gemeinsamen Luftangriffen auf Extremistengruppen wie den IS übergehen. Allerdings haben sich die moderaten Rebellen im besonders umkämpften Aleppo mit der Rebellengruppe Jabhat Fatah al-Sham verbündet. Sie ist aus der islamistischen Al-Nusra-Front hervorgegangen und spielt im Kampf um Aleppo auf Seiten der Rebellen eine dominierende Rolle.

Vom Waffenstillstand hänge ab, ob der Konflikt friedlich beendet werden könne, sagte der russische Regierungssprecher. Russland unterstützt in dem vor fünf Jahren ausgebrochenen Bürgerkrieg den Präsidenten Bashar al-Assad. Die USA haben sich dagegen mit moderaten Rebellen verbündet. Kerry kritisierte im Sender NPR die Angriffe der russischen Luftwaffe und syrischen Armee in der Vergangenheit auf moderate Rebellengruppen. Dies treibe sie in die Arme der Nusra-Front und des IS. Der US-Außenminister sagte weiter, die Waffenruhe sei die einzige Chance, Syrien zusammenzuhalten.

Wenig Hoffnung zeigte George Sabra vom Hohen Verhandlungskomitee der Rebellen. "Wir haben kein großes Vertrauen darauf, dass der Waffenstillstand länger dauern könnte als der vergangene", sagte er Reuters. Im Frühjahr hatte es einen ersten Anlauf für Friedensgespräche unter UN-Vermittlung zwischen den Bürgerkriegsparteien - islamistische Gruppen ausgenommen - in Genf gegeben. Sie scheiterten jedoch, weil unter anderem eine Feuerpause nicht eingehalten wurde. Es sei zu früh, um über eine Wiederaufnahme der Friedensverhandlungen zu sprechen, sagte Sabra. Zunächst müsse eine UN-Resolution zu humanitären Hilfen umgesetzt werden.

Hilfskonvois hängen fest

Allerdings zeichneten sich bei den Hilfen für die Bevölkerung keine Fortschritte ab. Zwei Lkw-Konvois mit Lebensmitteln für Aleppo stecken den UN zufolge fest. Die insgesamt etwa 40 Lastwagen hätten nach dem Grenzübertritt am Dienstag bereits knapp hinter der der türkischen Zollstation angehalten. "Es dauert länger, als wir gehofft haben", sagte ein UN-Sprecher zu Reuters. "Einige Gruppen versuchen, aus der Sache politisches Kapital zu schlagen, und das ist etwas, dass wir hinter uns lassen müssen."

Die Regierung in Damaskus hat angekündigt, alle Hilfslieferungen zurückzuweisen, die nicht über Regierungsstellen oder die UNO laufen. Insbesondere sollen keine Lieferungen aus der Türkei ins Land gelassen werden. Die Regierung in Ankara unterstützt die Rebellen.