Politik/Ausland

Syrien-Krieg: Ein schwacher Hoffnungsschimmer

Das Telefonat dauerte 50 Minuten und war "konstruktiv", wie die Nachrichtenagentur RIA vermerkte. Dass US-Verteidigungsminister Ashton Carter und sein russisches Pendant Sergej Schoigu vergangene Woche überhaupt telefonierten – der erste Kontakt auf militärischer Ebene seit gut einem Jahr –, kommt einer Sensation gleich. Dass sich in Sachen Syrien "überwiegend gemeinsame Interessen gezeigt" hätten, auch. Schließlich verlegt Russland zurzeit Militär nach Syrien, um zur Not das Assad-Regime gegen die Rebellen zu unterstützen. Und das wird von Washington nicht goutiert.

Aber der Kampf gegen die Dschihadisten des "Islamischen Staates" ist eines dieser gemeinsamen Interessen. Das andere reifte erst in den vergangenen Wochen: Die Flüchtlingsströme aus Syrien sind nur zu stoppen, wenn der Krieg mit seinen 250.000 Toten und 12 Millionen Menschen auf der Flucht zu Ende geht. Und auf der Suche nach einer Lösung kommt etwas in Bewegung – auch zwischen den USA und Russland.

Es war Moskau, das jüngst postuliert hat, dass ein gemeinsamer Kampf gegen den IS nur unter Einbeziehung der syrischen Truppen möglich sei und das Assad-Regime Teil einer Lösung sein müsse. Und es waren Stimmen aus Europa (Deutschland, Spanien, auch Österreich), die erstmals von der US-Linie abwichen, wonach Assad weg müsse: Alle Beteiligten müssten an einen Tisch, auch der syrische Präsident. Eine Übergangslösung sei besser als gar keine.

Die USA blieben bei ihrer Linie. Doch Außenminister John Kerry, der zuletzt drei Mal mit Russlands Sergej Lawrow telefonierte, ließ aufhorchen: Er rief Russland und Iran, die Hauptverbündeten des syrischen Diktators, dazu auf, ihren Einfluss geltend zu machen, um Assad zu Verhandlungen über eine politische Lösung zu drängen. Und er forderte zwar erneut einen Abgang Assads, ließ aber den Zeitpunkt offen: "Das muss nicht in einem Tag oder in einem Monat passieren."

Andere Signale

Auch die Türkei verfolgt offiziell die Assad-Ablösung – der Präsident sei Ursache des Problems und könne "in keinster Weise" Teil einer Lösung sein, sagte Außenminister Sinirlioglu beim Besuch von Außenminister Sebastian Kurz am Wochenende –, hinter den Kulissen sendet Ankara angeblich aber schon andere Signale.

Bei der UN-Generalversammlung Ende des Monats wird Russlands Präsident Wladimir Putin wohl einen Dialog aller Parteien zur Syrien-Lösung anregen. Russland will zurück auf die Bühne respektierter Geopolitik. Und die politische Großwetterlage ist möglicherweise günstig, zumal sich seit dem Atomdeal mit dem Iran auch eine konstruktive Gesprächsbasis der USA mit Teheran aufgetan hat.

Am schwierigsten, sagen Diplomaten, wird es sein, Saudi-Arabien ins Boot zu holen, für das Assad ein absolutes No-go ist. Von den Dutzenden Rebellengruppen in Syrien gar nicht zu reden. Mit dem Beginn von Gesprächen noch heuer rechnet daher niemand.