Politik/Ausland

Geiselnahmen als Methode der Kriegsführung

Wenn das syrische Regime, so wie derzeit, keine Visa für Journalisten mehr ausstellt, so ist der Weg über die Grenze von der Türkei aus derzeit die verhältnismäßig sicherste Passage nach Syrien. Und dort geschah es. Gleich hinter der Grenze zur Türkei auf Gebiet, das von den Rebellen kontrolliert wird. Vier italienische Reporter wurden dort entführt, so die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit Sitz in London. Das Außenministerium in Rom verifizierte das.

Der Vorfall bestätigt zwei Trends: Journalisten werden in dem Bürgerkrieg zunehmend zum Ziel. Und Geiselnahmen werden zu einer Methode der Kriegsführung.

Letzteres ist ein Umstand, den auch die UNO nun in einem Bericht hervorhob. Von einem massiven Anstieg der Geiselnahmen durch Rebellen ist da die Rede. Das alles zumeist mit dem Ziel, Lösegelder zu erpressen. Aber auch von korrupten Beamten, die sich die Freilassung Gefangener erkaufen ließen, ist die Rede. Und davon, dass sich inzwischen auch die regimetreuen „Volkskomitees“ an Geiselnahmen beteiligten.

Glaubwürdige Zahlen gibt es aber nicht. Nur einige Berichte. Über einzelne, besonders auffällige Geiselnahmen. Zum Teil handelt es sich um Fälle, in denen gleich mehrere Hundert Personen verschleppt werden. Und als Täter genannt werden sowohl Milizen loyal zur syrischen Regierung als auch Rebellen. Und da besonders die Al-Nusra-Front.

Es sind vor allem die Entführungen, die bestätigen, was lange befürchtet worden war: Die Eskalation des Kampfes gegen ein autoritäres Regime in einen ausgewachsenen Bürgerkrieg, in dem die Frontlinien zwischen Ethnien und Konfessionen verlaufen. So mehren sich Fälle, in denen benachbart lebende Sunniten oder Alawiten Angehörige der jeweils anderen Konfession verschleppen. Manchmal sind das ganze Dörfer.

Der bedrängte Präsident Bashar al Assad erließ zuletzt ein Dekret, das den Geiselnahmen Einhalt gebieten soll: Eine Amnestie für Kidnapper, die ihre Geiseln binnen 15 Tagen übergeben. Ansonsten drohe ihnen im mildesten Fall lebenslange Haft oder – sollte den Geiseln etwas geschehen – die Todesstrafe. Die Frage ist aber, ob derartiges noch gehört wird im Getöse von Raketen, Gewehren und Granaten.