Politik/Ausland

Schröder auf der SPD-Bühne: Die Rückkehr des Ungeliebten

Vor acht Jahren, bei seinem letzten Auftritt vor den Genossen, da saß er noch neben Helmut Schmidt. Der rauchte wie immer, und Gerhard Schröder – der genoss den Tabubruch.

Seither ist viel Zeit vergangen, der große Schmidt ist nicht mehr. Jetzt ist Schröder der letzte Altkanzler, den die SPD noch hat; und er ist auch derjenige, der die Trauerrede auf den Verstorbenen hält. Ein "großer Deutscher" sei Schmidt gewesen, ein Vorbild, ebenso wie Egon Bahr und Günter Grass, die die Sozialdemokratie heuer verloren hat, sagt er beim Parteitag der SPD in Berlin.

Dass gerade Schröder es ist, der diese Worte in dieser Umgebung spricht, ist nicht gerade gewöhnlich. Lange war der gefallene Kanzler seiner Partei gram gewesen, weil sie ihn ins politische Ausgedinge geschickt hatte; die Partei wiederum verzieh ihm die Einschnitte der Agenda 2010 bis heute nie ganz. "Ihr habt es mir nicht leicht gemacht, aber ich euch auch nicht", hatte er 2007 noch ein wenig barsch gesagt – das war sein letzter Auftritt vor den Genossen gewesen.

Das "Basta" gleicht sich

Jetzt gibt er sich zahmer. Der Grund dafür sitzt in der ersten Reihe. Sigmar Gabriel, sein einstiger Ziehsohn, hat ihn eingeladen; Schröder soll Stimmung für den jetzigen SPD-Chef machen, weil der mit ähnlichen Problemen kämpft wie sein einstiges Vorbild. Gabriels Status in der Partei ist nicht unumstritten, auch weil er in seiner Politik Schröder ein wenig gleicht – die beiden verbindet nicht nur die Skepsis gegenüber dem linken Flügel, sondern auch ihr markiges Auftreten. Das "Basta" hat Schröder erfunden, Gabriel hat es fortgesetzt – geliebt werden beide dafür nicht,

Die Rückendeckung, die Gabriel sich für seine anstehende Wiederwahl als Parteichef erhofft hat, bekommt er von Schröder aber nur in Maßen. Denn der kann die "Gerd-Show", die Anspielungen auf sein eigenes Tun, nicht sein lassen. Als er den verstorbenen Schmidt dafür lobt, dass er stets "das Wohl des Landes über das Wohl der Partei stellte", klingt es, als spräche er über sich selbst – vor allem, als er noch hinzufügt, dass erst diese Politik Schmidt einsam gemacht habe.

"Gut, dass du wieder da bist!"

Auch Gabriel, seinem einstigen Protegé, schickt er nicht nur freundliche Botschaften. Nicht zufällig verweist Schröder auf das Lob, das er von den alten Granden der SPD für sein "Nein" zum Irak-Krieg kassiert hat – denn Gabriel hat kürzlich der Beteiligung am Syrien-Konflikt zugestimmt. Später ermahnt er die Genossen zwar, Gabriels "Weg der Mitte" zu unterstützen, doch glaubhaftes Lob entkommt ihm nur für Außenminister Frank-Walter Steinmeier. Ihn gelte es "mit aller Kraft" zu fördern, sagt Schröder. Ein kleiner Affront für Gabriel, denn Steinmeier gilt als sein größter Rivale in der Frage um eine Kanzlerkandidatur. Als der sich mit einem freudigen "Gerhard, gut, dass du wieder da bist!" bedankt, sinkt Schröder zufrieden in seinen Sessel. Er liebt den Tabubruch, auch wenn es nur ein kleiner ist.