Politik/Ausland

Slowakei: Ein Doppelmord als Fanal eines faulen Polit-Biotops

Da stellt er sich nun den Journalistenfragen – Tag für Tag, gleich mehrmals. Polizeipräsident Tibor Gaspar ist das Gesicht der Krise in der Slowakei. Er bittet um Verständnis, nicht viel sagen zu können zu den Ermittlungen zum Mord am Journalisten Ján Kuciak, 27, und seiner Lebensgefährtin. Er gibt sich streichelweich – sogar, als er dieser Tage einmal auf seinen eigenen möglichen Rücktritt angesprochen wird. Die Frage kam nicht von ungefähr: Kennen slowakische Journalisten Gaspar doch vor allem als beinharten Zyniker und gewissermaßen Kettenhund von Innenminister Robert Kalinak, der bereits mehrere parlamentarische Misstrauensvoten wegen Korruption überstanden hat.

Ein über Nacht feinfühlig gewordener Polizeichef, ein Premier, der mit betroffener Miene neben Geldpaketen stehend eine Million Euro für Hinweise zur Ergreifung der Mörder Kuciaks verspricht; ein in Sachen Korruption unbescholtener Kulturminister, der vor Wut auf Kabinettskollegen schnaubend aus dem Amt scheidet; zwei explizit beschuldigte Politiker aus dem engsten Umfeld des Premiers, die zugleich ihr Amt aber nur auf Eis legen. Ficos Koalition beginnt derweil zu bröckeln. Ein erster Mandatar trat am Freitag aus. Was sich dieser Tage in Bratislava aber abzeichnet, riecht viel mehr noch nach Implosion als nach Zerfall.

Für Freitag waren in Bratislava wie auch anderen Städten Kundgebungen geplant. Mahnwachen für den getöteten Reporter. Trauerkundgebungen jedoch mit einer gehörigen Portion Wut. Und wogegen sich die richtet, ist klar: Die Regierung Robert Ficos.

Journalisten-Schelte

Denn der von der Regierung nach außen getragenen Betroffenheit fehlt es an Glaubwürdigkeit. Hatte Fico selbst doch ein einigermaßen kreatives Vokabular, wenn es darum ging, Journalisten zu denunzieren: " Dschihadisten" nannte er sie einmal oder auch "dreckige, anti-slowakische Prostituierte". Und wenn es dann um direkte Drohungen gegen Reporter ging, die in sensible Felder vorgedrungen waren, blieben die Behörden bisher weit gehend tatenlos.

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Während jetzt die Verbindungen der italienischen Mafia in höchste Kreise der slowakischen Politik – bis hinein in Ficos Büro – die Schlagzeilen dominieren, haben slowakische Medienmacher die bisher dominierenden Themen nicht vergessen. Etwa, dass Innenminister Kalinak mit dem slowakischen Geschäftsmann Ladislav Basternak packelte, dem wiederholt Steuerbetrug vorgeworfen wurde – während Fico persönlich nach wie vor ein Luxus-Appartement in einem Gebäude-Komplex mietet, das Basternak gehört. Wurden solche Themen bisher angeschnitten, war es vor allem einer, der vorgeschickt wurde: Polizeipräsident Gaspar.

Rücktrittsaufforderungen von Medien wie auch von der Opposition hagelt es jetzt von allen Seiten. Fico scheint die Brisanz seiner Lage verstanden zu haben. Anstatt zu poltern warnte er davor, die Tragödie politisch zu missbrauchen. Gaspar wiederum meinte ungewohnt nüchtern zu diesem Thema, er werde selbst über den Zeitpunkt eines allfälligen Rücktritts entscheiden.