Politik/Ausland

Seehofer und Spahn: Polarisieren und Profilieren

Kaum eine Woche im Amt, provozieren und produzieren zwei neue Minister bereits Schlagzeilen, die parteiintern für wenig Freude sorgen. Innenminister Horst Seehofer (CSU) wärmte in der Bild -Zeitung mit seinem „Der Islam gehört nicht zu Deutschland“-Sager eine alte emotionale Debatte auf. Er garnierte sie zudem mit der Forderung nach verlängerten Grenzkontrollen (was im Sinne der Kanzlerin ist) und liebäugelt mit der Idee, das Schengen-Abkommen gleich auszusetzen. Was Wirtschaftsvertreter und CDU-Landeschefs aus Nordrhein-Westfalen und dem Saarland erzürnte.

CDU-Gesundheitsminister Jens Spahn, der sich der Macht seiner Wörter ebenso bewusst ist, erhitzte die Gemüter zuletzt mit Aussagen wie: Hartz IV mache nicht arm. Dann legte er noch in der Debatte um das Werbe-Verbot für Abtreibungen nach. Er warf Gegnern vor, sie setzen sich mehr für das Leben von Tieren ein als für ungeborene Kinder.

Das verstimmte nicht nur die anderen Parteien, auch die eigene: Die Christdemokraten, die an einem Grundsatzprogramm und ihrer künftigen inhaltlichen Ausrichtung arbeiten, ärgerten sich besonders über dessen Tonalität.

Dass die beiden Unionspolitiker hier scheinbar den Takt vorgeben möchten, liegt daran, dass sie ihr eigenes Profil schärfen wollen. Was sie antreibt:

Horst Seehofer hat im Herbst in Bayern eine Landtagswahl zu gewinnen. Dabei steht sein CSU-Chefsessel auf dem Spiel, den sein Rivale und neuer Ministerpräsident Markus Söder bald für sich beanspruchen könnte. Mit seinen Aussagen zu Islam und Grenzkontrollen will Seehofer vor allem eines: Die rechte Tür so weit zuziehen, dass keine AfD mehr reinpasst.

Die Rechtspartei loswerden oder zumindest klein halten, das ist auch das Ziel der CDU, ließ Kanzlerin Merkel zuletzt in der ARD wissen. Über das Wie ist man sich aber noch nicht klar. Jens Spahn anscheinend schon. Der 37-Jährige greift alle konservativen Themen ab – von Zuwanderung, Hartz IV bis Lebensschutz, um weiter Hoffnungsträger jener zu sein, die des mittigen Merkel-Kurses überdrüssig sind.

CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer rief nach der Präsidiumssitzung die Kollegen zu mehr Sacharbeit auf. Nach der langen Regierungsbildung sei die Erwartungshaltung der Bürger, dass die Regierung „jetzt sehr schnell auch in die entsprechende Sacharbeit findet.“ Sie warnte auch davor, auf einer „oberflächlichen Position“ hängen zu bleiben. Bei provokanten Formulierungen gehe es darum, ob sie dazu dienten, die Probleme zu lösen. Wenn sie dafür eher hinderlich seien, „sollte man eine andere Formulierung wählen“. Ohne Namen zu nennen, war klar, wen sie damit meinte.