Politik/Ausland

Scholz kündigt Betätigungsverbot für Hamas in Deutschland an

Nach dem Angriff der islamistischen Hamas auf Israel mit vielen Hundert Toten hat der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz ein Betätigungsverbot für die Organisation in Deutschland angekündigt. Zudem soll das palästinensische Netzwerk Samidoun verboten werden, wie Scholz am Donnerstag in seiner Regierungserklärung im Bundestag sagte.

Die Hamas ist von der EU und den USA bereits als Terrororganisation eingestuft. Der Verein Samidoun, der sich selbst Gefangenensolidaritätsnetzwerk nennt, hatte bereits am Samstag die blutige Terrorattacke auf Israel bejubelt, indem es Süßigkeiten auf der Sonnenallee in Berlin-Neukölln verteilte. "Das ist abscheulich. Das ist menschenverachtend. Das widerspricht allen Werten, denen wir als Land verpflichtet sind", sagte Scholz. "Hass und Hetze nehmen wir nicht tatenlos hin. Antisemitismus dulden wir nicht."

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"Wer die Verbrechen der Hamas verherrlicht oder ihre Symbole verwendet, macht sich in Deutschland strafbar. Wer Mord und Totschlag billigt oder zu Straftaten aufruft, macht sich strafbar. Wer israelische Flaggen verbrennt, der macht sich strafbar. Wer eine Terrororganisation wie die Hamas unterstützt, der macht sich strafbar." Die Strafverfolgungsbehörden von Bund und Ländern würden jeden, der so etwas tut, zur Rechenschaft ziehen - mit allen Mitteln des Rechtsstaats. "Zu diesen Mitteln gehören ausdrücklich auch Vereins- und Betätigungsverbote", sagte Scholz.

Scholz kritisiert Abbas

Der Angriff der Hamas auf Israel hat nach Worten von Scholz Konsequenzen für die Zusammenarbeit Deutschlands mit den Palästinensern. Er frage sich, wo die klare Verurteilung der terroristischen Gewalt durch die Autonomiebehörde und ihren Präsidenten Mahmud Abbas bleibe.

Entwicklungszusammenarbeit mit den palästinensischen Gebieten auf Prüfstand

Der Kanzler machte weiter deutlich, die gesamte Entwicklungszusammenarbeit mit den palästinensischen Gebieten stehe auf dem Prüfstand. "Unser Maßstab dabei wird sein, ob und wie unsere Projekte den Frieden in der Region unterstützen und der Sicherheit Israels am besten dienen." Bis diese Überprüfung abgeschlossen ist, "werden wir keine neuen Mittel der Entwicklungszusammenarbeit bereitstellen". Gleichzeitig erinnerte Scholz: "Unsere humanitäre Hilfe sichert mehr als der Hälfte der Bevölkerung vor allem im Gazastreifen die elementarsten Dinge zum Überleben - Nahrung und eine grundlegende Gesundheitsversorgung." Die Hamas biete ihnen dagegen nichts als Armut und Leid.

Deutsche Regierung arbeitet an Befreiung der Geiseln

Scholz sicherte weiter zu, dass die deutsche Regierung mit Hochdruck an der Befreiung der von der islamistischen Hamas entführten Geiseln arbeitet. "Wir befürchten, dass die Hamas sie in den nächsten Wochen weiter als menschliche Schutzschilde missbrauchen wird", sagte der Kanzler. "Und wir arbeiten mit ganzer Kraft daran, dass alle Geiseln wieder freikommen - in enger Abstimmung mit Israel und mit der gebotenen Vertraulichkeit."

Hamas in Deutschland?

Hinter der Hamas stehen nach Schätzungen des Verfassungsschutzes in Deutschland rund 450 Menschen, von denen viele deutsche Staatsbürger sind. Einen offiziellen Ableger der islamistischen Gruppierung gibt es hierzulande nicht. Vereine, die der Bewegung nahestanden, wurden vor einigen Jahren verboten.

Was bedeutet ein Betätigungsverbot?

Mit dem Betätigungsverbot für die Hamas geht ein Verbot jeglicher Versammlungen der Organisation einher, wie eine Sprecherin des Innenministeriums auf Anfrage erläuterte. Die Verwendung von Kennzeichen der Hamas, die auch in Deutschland als ausländische terroristische Vereinigung eingeordnet wird, ist demnach strafbar. "Westliche Staaten wie Deutschland werden von der Hamas als Rückzugsraum betrachtet, in dem die Organisation sich darauf konzentriert, Spenden zu sammeln, neue Anhängerinnen und Anhänger zu rekrutieren und ihre Propaganda zu verbreiten", heißt es im Verfassungsschutzbericht 2022.

Der Verein Samidoun gehört nach Einschätzung von Verfassungsschützern zur radikalen Palästinenserorganisation PFLP (Volksfront zur Befreiung Palästinas) und ist israelfeindlich. Die PFLP selbst propagiert den bewaffneten Kampf gegen Israel, ist aber im Gegensatz zur Hamas nicht religiös geprägt.