Schleswig-Holstein: Desaster für Schulz-SPD - 2:0 für Merkel
Von Evelyn Peternel
"Diese dummen Umfragen" hatte Torsten Albig vor der Wahl noch gestänkert. Dass er, der beliebte SPD-Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, den Kampf umsein Amt verlieren könnte? Undenkbar, nicht nur für ihn. Auch Martin Schulz, SPD-Parteichef und mit Albig einige Tage vor der Wahl im sogenannten "Schulz-Zug" im Land unterwegs, nannte das "Kokolores". Die SPD werde an der Macht bleiben, und im Bund werde es im Herbst soweit sein.
Diese Aussicht hat sich seit Sonntag um einiges verdüstert. Lediglich 27 Prozent konnten die Genossen im nördlichsten Bundesland einfahren; ein Minus von knapp vier Prozentpunkten ist das. Albigs Herausforderer, der bis vor einigen Monaten noch weithin unbekannte CDUler Daniel Günther, schaffte hingegen 34 Prozent – ein Plus von gut drei Prozentpunkten.
Patzer und Prognosen
Woran das lag? Die Antwort darauf ist vielschichtig. Zum einen hat sich der oft etwas unzugängliche Albig die Schlappe wohl selbst zuzuschreiben; er leistete sich im Wahlkampf einige Patzer – eine Homestory, in der er über seine Ex-Ehefrau lästerte, mit der kein "Austausch auf Augenhöhe" möglich gewesen sei, war jedenfalls sicher kein Bonus bei den Wählern. Aber auch Schulz selbst wird sich die Frage stellen müssen, inwieweit der Hype um ihn die Wahl beeinflusst hat: In den Wochen um seine Nominierung als Kanzlerakandidat gingen die Werte für die SPD nämlich auch im Norden massiv nach oben; in den vergangenen Wochen aber verkehrte sich der Trend aber ins Gegenteil.
Das ist ein Trend, der auch bundesweit zu beobachten ist – dass mit Schleswig-Holstein nun nach dem Saarland das zweite Fernduell zwischen Martin Schulz und Angela Merkel an die CDU-Chefin geht, treibt den Wahlkämpfern im Willy Brandt-Haus jedenfalls die Sorgenfalten auf die Stirn. Die Berliner SPD-Zentrale fürchtet bei der "kleinen Bundestagswahl" nämlich das nächste Desaser: Wenn mit Nordrhein-Westfalen das bevölkerungsstärkste Bundesland eine wählt, droht ein 3:0 für die CDU – Amtsinhaberin Hannelore Kraft liegt in Umfragen auch hinter ihrem konservativen Herausforderer Armit Laschet.
Parallelen mit der Wahl in Schleswig-Holstein ließen sich einige finden. Da wie dort gibt es einen SPD-Amtsinhaber, der mit ruhiger Hand regiert, aber von vielen als zu behäbig wahrgenommen wird; der Herausforderer mag zwar farblos sein, aber böte Abwechslung. Dass die CDU im Norden mit dem Wahlspruch "Anpacken statt rumschnacken" gewonnen hat, passt gut ins Bild: Die SPD steht in beiden Ländern nicht für große Bewegung – vor allem in Nordrhein-Westfalen nicht, wo man mit schlechten Wirtschaftdaten und diversen problemen in der inneren Sicherheit zu kämpfen hat.
AfD unter Erwartungen
In Schleswig-Holstein konnten neben der CDU auch die Grünen von der SPD-Schwäche profitieren, sie kamen auf 13 Prozent; die FDP ebenso - sie hält bei 10,5 Prozent. Die AfD hingegen schaffte nur 5,5 Prozent; sie ist damit zwar im Landtag vertreten, blieb aber – wohl ob des Streits in der Bundespartei – unter den Erwartungen. Welche Koalition damit regieren wird, ist allerdings nicht fix. Die SPD könnte mit Grünen und FDP koalieren und so der CDU das Amt des Ministerpräsidenten wegschnappen – das hat sie 2012 schon gemacht. Ob sie das tut, ist allerdings fraglich: Beim Wähler würde das vermutlich nicht gerade gut ankommen.