Rund 100 Festnahmen in Belarus bei Protesten gegen Lukaschenko
Uniformierte haben bei der Sonntagdemonstration in Belarus (Weißrussland) gegen Machthaber Alexander Lukaschenko neuerlich rund 100 Menschen festgenommen. Das Innenministerium in Minsk teilte mit, dass die Demonstranten gegen das Versammlungsverbot verstoßen hätten.
In Freiheit kam unterdessen am Sonntag die 42 Tage lang inhaftierte frühere Schönheitskönigin Olga Chischinkowa – die "Miss Belarus 2008" sagte, dass sie ungebrochen sei und das Land nicht verlassen werde. Die Demokratiebewegung hatte zu einem "Marsch des Volkstribunals" aufgerufen.
Ziel war es, erneut auf die Polizeigewalt gegen friedliche Demonstranten aufmerksam zu machen. Zudem sollte eine Liste der im "Auftrag des Staates begangenen Verbrechen gegen die Menschlichkeit" erstellt werden, hieß es. In einzelnen Stadtteilen versammelten sich Menschengruppen wie jeden Sonntag mit der weiß-rot-weißen Fahne der Opposition zu Märschen für einen Rücktritt Lukaschenkos.
"Den Protest sieht die ganze Welt", sagte die Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja in ihrem Exil in der EU. Sie rief ihre Landsleute auf, weiter Verbrechen der Beamten zusammenzutragen, damit diese angezeigt werden könnten. Die Verantwortlichen sollten über Interpol zur Fahndung ausgeschrieben werden.
Die Listen seien auch wichtig, um weitere Sanktionen der Europäischen Union gegen Lukaschenkos Regime zu erwirken, sagte Tichanowskaja. Schon jetzt gelinge es dank der EU-Strafmaßnahmen, darunter Kontosperrungen und Reiseverbote gegen Funktionäre, den Geldfluss an Lukaschenko zu drosseln. 2021 werde das Jahr in Belarus für eine Wiederherstellung der Gesetze und der Gerechtigkeit, sagte sie.
Der 66-jährige Lukaschenko gilt als "letzter Diktator Europas". Er hatte sich nach der umstrittenen Präsidentenwahl am 9. August nach 26 Jahren an der Macht mit 80,1 Prozent erneut zum Sieger erklären lassen. Die Demokratiebewegung sieht Tichanowskaja als Gewinnerin. Seither kommt es zu Protesten. Die Bewegung fordert auch die Freilassung aller politischen Gefangenen. Bei den Protesten gab es mehrere Tote, Hunderte Verletzte und rund 30 000 Festnahmen.