Politik/Ausland

"Wir haben ihnen Angst eingejagt"

Nahe jenes Platzes, wo Pussy Riot ihren skandalträchtigen Auftritt vor knapp zwei Jahren absolviert haben, stellten sich Nadeschda Tolokonnikowa und Marija Alechina der Presse: Die beiden kürzlich freigelassenen Pussy-Riot-Mitglieder gaben eine Pressekonferenz in den Räumen des oppositionellen TV-Senders Dozhd, der in der Nähe der Erlöserkathedrale liegt.

Der Andrang war enorm: 150 Pressevertreter und etliche Twitter-Nutzer bedrängten die beiden mit Fragen. Eine zentrale war jene nach der Reue: „Wir sind andere Menschen geworden“, meinte Tolokonnikowa darauf - bereuen würden die beiden nicht, aber „unser Punkgebet ist dennoch Vergangenheit“, relativierte Alechina gleich zu Beginn. Man habe nun anderes vor: den Einsatz gegen die Ungerechtigkeit, für mehr Menschenrechte, gegen das System Putin, sagten die beiden - und zwar in deutlich ruhigerem Ton, als man bisher gewohnt war.

Missstände am eigenen Leib erlebt

Konkret wollen sie dies nun über die Veröffentlichung der Missstände im Strafvollzug erreichen. Diese hätten sie schließlich am eigenen Leib erlebt: Die inhaftierten Pussy-Riot-Musikerinnen hatten während ihrer Haft in Sibirien immer wieder über 16-Stunden-Arbeitagstage und Verschleppungen der Justiz berichtet und damit bereits erste Erfolge erzielt. „Wir haben ihnen Angst eingejagt“, so die beiden.

Diese kleinen Schritte würden aber bei weitem nicht ausreichen. „Der Staat interessiert sich nicht für die Missstände“, monierten die beiden: „Das System ist voll und ganz korrumpiert“. Zwar gebe es eine Aufsicht, eine tatsächliche Kontrolle über den Vollzug fände aber nicht statt.

Keine Kooperation mit Chodorkowski

Auch die Frage nach der Finanzierung dieser Projekte kam natürlich – und ob sie sich dafür mit dem ebenfalls kürzlich freigelassenen Oligarchen Michail Chodorkowski verbünden wollen. Hier kam ein klares Nein: „Chodorkowski ist ein starker Mensch – aber es geht uns bei ihm nicht um eine finanzielle Kooperation.“ Eine ideelle Zusammenarbeit sei aber durchaus vorstellbar, ebenso wie sie sich den einst reichen Oligarchen als Präsidenten vorstellen können.

Geld hätten sie selbst allerdings derzeit so gut wie keines. Aus „Pussy Riot“ eine Marke zu machen, mit der sie Geld verdienen könnten, lehnen die beiden dennoch ab: „Wir gehören nicht zur kommerziellen Welt. Man würde uns vorwerfen, dass wir nur für uns Geld verdienen.“ Die beiden setzen auf andere Methoden, um ihre Menschenrechtsprojekte umzusetzen - Crowdfunding sei die bevorzugte Einnahmequelle. Die Verwendung der Gelder lasse man genau überwachen.

Kein Exil nach der Haft

Ob man auch Aktionen im Ausland plane, wollten viele Twitter-User wissen: „Wir haben sehr viel Arbeit in Russland“, meinten die zwei Musikerinnen darauf. Eine Reise ins Ausland – oder auch ein Gang ins Exil – schwebt den beiden nicht vor.

Zu guter Letzt war auch ein Interview mit dem russischen It-Girl Ksenia Sobchak, die die beiden nach ihrer Entlassung als erste vors Mikrofon bat und ihnen durchaus irritierende Fragen stellte, war kurz Thema: „Sie hat uns eineinhalb Stunden lang verwirrt“, meinten die beiden zu dem Interview, das im Netz bereits für Gelächter gesorgt hat. Sobchak hatte die beiden etwa mit Fragen nach einer möglichen Solokarriere Tolokonnikowas drangsaliert – die Begründung: Sie sei schließlich die hübscheste der drei.

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